Das Basel-III-Abkommen und die deutsche Politik

Quote schützt vor Fäulnis nicht

Für die deutsche Politik ist das Basel-III-Abkommen ein erfolgreicher Versuch, die Finanzmärkte zu stabilisieren. Was deutsche Privatbanken freut, ist für Sparkassen und Volksbanken jedoch eher von Nachteil.
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Auch deutsche Politiker zeigen sich zufrieden. Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht mit Sitz bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) hat Vorschläge ausgearbeitet, wie einer zukünftigen Bankenkrise vorgebeugt werden könne. »Basel III« werden die neuen Regularien genannt. Es soll nicht noch einmal zu einem Fiasko kommen wie dem Zusammenbruch von Lehman Brothers.

Das von 27 Ländern erarbeitete Regelwerk schreibt den Banken durchaus Neues vor. Deutsche Politiker freuen sich über den vermeintlichen Erfolg. Der CDU-Obmann im Finanzausschuss des Bundestages, Leo Dautzenberg, kommt derzeit aus dem Jubeln kaum heraus: »Wir setzen dem Finanzmarkt mit den verschärften Eigenkapital- und Liquiditätsregeln klare Schranken!« Die SPD-Bundestagsfraktion ließ in einer Presserklärung mitteilen, dass Basel III ein »wichtiger Schritt in die richtige Richtung« sei. Allein die Übergangsfristen für die Anpassung der Banken an die neuen Regeln seien etwas zu lang. Und auch Gerhard Schick, Sprecher für Finanzpolitik der Grünen-Fraktion im Bundestag, bewertet die Regelungen als Erfolg. Die neuen Kapitalvorschriften seien »ein wichtiger und richtiger Schritt hin zu mehr Stabilität der Banken und an den Finanzmärkten«. Nur in der Frage der Größe systemrelevanter Banken habe der Ausschuss enttäuscht.
Woher die Freude über Basel III rührt, bleibt jedoch unklar. Denn die wesentlichen Auslöser, die zum Zusammenbruch des Finanzsystems führten, bleiben unangetastet. Sowohl Private-Equity-Fonds als auch Hedgefonds werden in den Regularien nicht berücksichtigt. Die großen amerikanischen Immobilienfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac sind auch von Basel III nicht betroffen, sie wurden bereits unter Präsident Bill Clinton davon befreit, die Vorschriften des ersten Basler Abkommens von 1989 einzuhalten. Allein um diese beiden Unternehmen vor der Pleite zu bewahren, hat der amerikanische Staat bislang 143 Milliarden US-Dollar aufgebracht.

Das Ziel von Basel III ist es, die Stabilität des Finanzmarkts wiederherzustellen. Sollten in der Zukunft Kreditrückzahlungen ausfallen, dürften die Banken trotz des Abkommens nur in geringem Maß sicherer dastehen. In erster Linie legt Basel III Neuerungen für die Eigenkapitalquoten der Banken fest. Zum einen wird definiert, welches Kapital zukünftig überhaupt noch als Eigenkapital bilanziert werden darf. Zum anderen soll die Quote insgesamt erhöht werden. Das Eigenkapital, das der Bank unbeschränkt zur Verfügung steht, muss in Zukunft einen Anteil von 4,5 Prozent statt wie bisher zwei Prozent an der Bilanzsumme einer Bank haben. Zusätzlich schreibt Basel III einen »Risikopuffer« von 2,5 Prozent vor, die Quote darf aber in einer laufenden Krise unterschritten werden.
Eine weitere Veränderung betrifft die stillen Einlagen. Diese sollen in Zukunft nicht mehr zum Eigenkapital gezählt werden. Diese Regelung betrifft vor allem Sparkassen und Volksbanken. Ein Großteil des Kapitals dieser Banken sind stille Einlagen der Länder oder Kommunen. Das bedeutet, dass diese Institute bald auf Kapital aus anderen Quellen angewiesen sein werden.
Für die Sparkassen und Volksbanken entsteht so durch Basel III ein größerer Druck, die eigene Privatisierung voranzutreiben. Denn können sich die Banken nicht mehr über stille Einlagen versorgen, müssen sie größere Gewinne auf dem Finanzmarkt erzielen. Bislang war dies Sparkassen und Volksbanken nur bedingt möglich, da sie als Institute des öffentlichen Rechts in diesem Bereich nicht uneingeschränkt wirtschaften durften, was wegen der stillen Einlagen auch nicht nötig war. Dieser Finanzierungsquelle war es auch zu verdanken, dass diese Banken keine Geschäfte mit faulen Krediten betrieben und deshalb von den Auswirkungen der Finanzkrise nicht so schwer betroffen waren. Es ist also wahrscheinlich, dass gerade die Banken, die sich in der Krise als stabil erwiesen haben, nun geschwächt werden, weil sie die neuen Regeln zur Eigenkapitalquote erfüllen müssen.

Deutsche Privatbanken bleiben gelassen angesichts des Abkommens. Die Deutsche Bank wird Berechnungen von Analysten der US-Bank JP Morgan zufolge trotz der teuren Übernahme der Postbank die Eigenkapitalquote erfüllen. Bernd Brabänder, oberster Volkswirt des deutschen Bankenverbands, äußerte sich optimistisch, dass die neuen Vorgaben »für die Banken zu schaffen« seien.
Das Hauptproblem an den Vereinbarungen von Basel III ist auch nicht die zu niedrig ausgefallene Erhöhung der Eigenkapitalquote oder die Tatsache, dass die neuen Regeln erst ab 2018 vollständig angewendet werden müssen. Auch die Schwächung der Sparkassen und Volksbanken wird keinen großen Einfluss auf die zukünftige Entwicklung auf dem Finanzmarkt nehmen. Basel III ändert aber am eigentlichen Problem nichts: Angesichts der ungehemmten Vergabe von Krediten in der Vergangenheit sind die Ausstände riesig. Auch die Erhöhung der Eigenkapitalquote wird die bereits vergebenen Kredite nicht sicherer machen und dafür sorgen, dass diese zurückbezahlt werden. Die Staatsgarantien für den Finanzsektor bleiben weiter bestehen.
Deshalb dient Basel III vor allem dazu, die Bevölkerung zu beruhigen. Die Finanzkrise geht nach den offiziellen Darstellungen der Politik ihrem Ende entgegen. Diesen Eindruck kann man in der Öffentlichkeit verstärken, wenn die Banken vorgeblich so abgesichert werden, dass eine solche Krise nicht noch einmal eintreten kann. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat die Regelungen »ausdrücklich sehr begrüßt«. Das »Herzstück der Finanzsektorreform«, wie das Bundesfinanzministerium Basel III bezeichnet, wird nichts daran ändern, dass die Unmengen fauler Kredite immer noch in den Bilanzen versteckt bleiben, und das über Jahre.