Schlichter schauen

Schlichtungsgespräche kennt man normalerweise aus dem Fernsehen als lange, quälende Angelegenheiten, in deren Verlauf wartenden Journalisten hin und wieder heiße Getränke, belegte Brötchen und Informationsbröckchen gereicht werden, bis irgendwann der Schlichter und die vollkommen übernächtigten Kontrahenten vor die Kameras treten und mit heiseren Stimmen für sich reklamieren, im sogenannten Verhandlungspoker gewonnen zu haben.
Seit Freitag voriger Woche weiß man, wie quälend und lang Schlichtungsgespräche in Wirklichkeit sind. Live von Phoenix und im ­Internet übertragen, kann man Heiner Geißler dabei zuschauen, wie er zwischen S21-Gegnern und -Befürwortern zu vermitteln versucht. Und das ist kein schöner Job, so viel steht nach nur wenigen Minuten bereits fest.
Das Procedere ist schnell erklärt: Die eine Seite sagt irgendwas, zum Beispiel über Weichen, Wartezeiten und Zuggeschwindigkeiten, zeigt dazu vermutlich passende Schaubilder, und die andere Seite nimmt kopfschüttelnd übel. Dann ist die andere Seite dran und behauptet – in aller Regel jedenfalls – das glatte Gegenteil des vorher Gesagten, verweist auf Grafiken und Statistiken, während die Kontrahenten nun ­ihrerseits das volle Repertoire vom Kopfschütteln bis hin zum verächtlichen Grinsen auspacken.
Und mittendrin sitzt Heiner Geißler, der mal diesem und mal jenem das Wort erteilt und Zwischenfragen stellt, wobei er sich sehr bemüht, in einem äußerst beruhigenden Tonfall zu sprechen.
Das ist durchaus unterhaltsam, vor allem dann, wenn Geißler genug vom Geschwalle hat und darauf besteht, dass die Argumente verständlich erklärt werden. Weswegen auch Tarifschlichtungen bitte demnächst im Fernsehen übertragen werden sollten. Ist schließlich alles besser als Zoogeschichten.