Helden von Bern

Kicker auf Nazi-Droge.

Gedopt waren sie. Ganz klar. So lautet das Ergebnis der Forschungsarbeit »Geschichtliche Aspekte in der Präanabolen Phase«, in der sich Erik Eggers unter anderem mit der deutschen Fußballnationalmannschaft beschäftigt hat, die 1954 überraschend Weltmeister wurde. Der Verdacht, zumindest einige der sogenannten Helden von Bern könnten vor dem Finale gegen Ungarn leistungssteigernde Mittel bekommen haben, ist allerdings nicht neu. Denn bereits im Jahr 2004 hatte der damalige Platzwart des Berner Wankdorf-Stadions, Walter Brönnimann, gegenüber dem ARD-Magazin »Report Mainz« das gebrochen, was er »Schweigegelübde« nannte, und erzählt, dass er nach dem Endspiel beim Aufräumen in der deutschen Kabine unter einem Abflussgitter einige Ampullen entdeckt habe. »Da war sicher etwas Verbotenes drin.« Albert Sing, 1954 Attaché für das deutsche Team, erklärte in dem Fernsehbeitrag, zwar niemals bei Injektionen dabeigewesen zu sein, es aber »komisch gefunden« zu haben, dass die Fußballer Spritzen erhalten hätten.
Die Erklärung des damaligen Mannschaftsarztes Prof. Dr. Dr. Loogen, man habe den Spielern ­lediglich Vitamin C gespritzt, weil Helmut Rahn nach einer Südamerika-Reise mit Rot-Weiß Essen berichtet habe, dass »die Brasilianer da alle Medikamente bekommen haben, vor dem Spiel«, und die Mannschaft gefragt habe, ob »wir das nicht auch machen« könnten, wirkte auch angesichts der Nervosität, mit der sie der damals 84jährige vortrug, unglaubwürdig. Dass die heimlich verabreichten Spritzen auch für eine Gelbsucht-Epidemie verantwortlich gewesen sein dürften, die Ende 1954, Anfang 1955 unter den deutschen Weltmeistern grassierte und wahrscheinlich zum frühen Tod des Ersatzspielers Richard Herrmann durch Leberzirrhose führte, bestritt Loogen nicht, im Gegenteil gab er zu, durch Zeitmangel seien sie nicht perfekt sterilisiert gewesen.
Über Vitamin-C-Injektionen hätte man allerdings auch schon früher sprechen können – stattdessen wahrten alle Beteiligten 50 Jahre lang ihr Schweigen. Der Jungle World-Autor Martin Krauss erklärte dies so: »Die Akteure von 1954 wussten, dass sie etwas Unrechtes taten.« Erik Eggers geht davon aus, dass die »Helden von Bern« mit Pervitin gedopt wurden, das während des Zweiten Weltkriegs unter dem Spitznamen »Hermann-Göring-Tablette« bekannt wurde. Dass ausgerechnet das sportliche Ereignis, das maßgeblich mit zum deutschen »Wir sind wieder wer« führte, auf einer Nazi-Droge basierte, passt ja dann doch ziemlich gut.