Englische Nationalisten und Israel-Solidarität

Mit Georgskreuz und Davidstern

Die English Defence League gilt als Verein von nationalistischen Hooligans und Rechtsextremisten. Die Organisation definiert sich als anti-islamistisch. Dass dort jetzt eine »Jewish Division« mitmischt, sorgt für Aufsehen.

Skinheads mit Israel-Flagge? Gibt es fast jedes Wochenende. Zumindest dort, wo die English Defence League (EDL) auftritt. Seit anderthalb Jahren demonstriert sie überall in Großbritannien, gerne in Städten mit großen muslimischen Bevölkerungsgruppen wie Birmingham oder Bradford. Ihre Botschaft ist einfach: Die vermeintliche Islamisierung stoppen, keine Sharia-Gesetze in Großbritannien, Einwanderer müssen sich an die britische Kultur anpassen. Die Solidarität mit Israel ist dabei immer wichtiger geworden. Der Davidstern als Demo-Acessoire ist da naheliegend.

Die Konstellation ist bemerkenswert. Schließlich hat die 2009 gegründete EDL eine deutlich von Hooligans geprägte Gefolgschaft. Sie ist explizit nationalistisch, wie die zahlreichen Georgskreuze auf der englischen Flagge zeigen. Ihre Selbstbeschreibung weist die Mitglieder als »Counterjihad-Aktivisten« aus.
Entstanden ist die EDL aus einer Bürgerbewegung gegen islamische Fundamentalisten. Diese wollten 2009 die Home Coming Parade der aus dem Irak zurückgekehrten Soldaten in Luton stören. Die EDL nennt sich zwar anti-islamistisch, aber »multiethnisch und multikonfessionell«. Dennoch werden bei ihren Märschen vereinzelt Migranten attackiert und Slogans wie »We hate Muslims« gerufen. Die Organisation hat außerdem Verbindungen zur rechtsextremen British National Party (BNP), und ihre Anhänger lassen sich gelegentlich mit gestrecktem rechtem Arm filmen. Für viele antifaschistische Organisationen in Großbritannien stecken hinter der EDL daher schlichtweg Rassisten.
Die Verwunderung war groß, als die Israel-Flaggen im Umfeld der EDL immer zahlreicher wurden und schließlich im Juni neben den anderen, nach Städten oder Regionen benannten Abteilungen erstmals eine »Jewish Division« in Erscheinung trat. 100 Mitglieder habe sie, so Roberta Moore, ihre in Brasilien geborene Sprecherin, die aufgrund ihrer starken Präsenz in den Medien rasch zu einer der bekanntesten Personen der EDL wurde.
Was ist der Grund für die Allianz? »Wir bekämpfen den Jihad in unseren Straßen. Wir haben nicht genug Juden, die aufstehen und protestieren.« Das Image der EDL als Schläger und Rechtsextreme weist Moore entschieden zurück: »Unsere Mitglieder sind keine Hooligans. Wir sind gebildete Menschen mit Jobs. Wenn wir uns selbst verteidigen, ist das dann Hooliganismus? Die jüdische Gemeinschaft sitzt in ihren Häusern und tut nichts. Dabei profitieren sie von unseren Aktionen.«
Unter britischen Juden jedoch wird die EDL meist deutlich abgelehnt. Jon Benjamin, der Vorsitzende des Dachverbands »Board of Deputies of British Jews«, nannte die Unterstützung für Israel der EDL »leer und falsch«. Sie gründe »auf Islamophobie und Hass, was wir ablehnen«. Julian Kos­soff, ein Redakteur des Telegraph und früher bei der Zeitschrift Jewish Chronicle, hält die Organisation für ein »Sammelsurium aus Fußballhooligans, Lumpen-Bootboys und Verstoßenen aus schäbigen Neonazi-Clubs wie Combat 18«. Die an der Jewish Division Beteiligten seien demnach die »nützlichen Idioten« der EDL.
Mark Gardner, Sprecher der jüdischen Sicherheitsorganisation Community Security Trust (CST), verweist auf die gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei und vereinzelten Attacken von EDL-Aktivisten auf Asiaten und folgert: »Juden, die denken, dass sie solch gefährliche Kräfte formen oder dort Schutz finden könnten, sind einer Täuschung erlegen.«

Allerdings gibt es auch Stimmen wie die von Mark Israel, einem langjährigen Mitglied des Community Security Trust und der jüdisch-antifaschistischen 62 Group. Auch er hielt die EDL zunächst für einen Ableger der British National Party. Inzwischen wirbt er für ihre Unterstützung, da sie aktiver sei als die etablierten jüdischen Vereinigungen. »Sie sind unsere Verbündeten. Wir haben ein gemeinsames Anliegen.« Israel räumt ein, dass es besondere Umstände seien, die diese ­Allianz rechtfertigten. »In diesen Zeiten brauchen wir so etwas. Oder ist der CST etwa ausreichend?«
Ende Oktober organisierte die EDL eine Solidaritätskundgebung vor der israelischen Botschaft in London. Als Gastredner trat dort Nachum Shifren auf, ein konservativer Rabbiner aus Los Angeles und bekannt als »Surfing Rabbi«, der gerne über das Wellenreiten als »kabbalistische Suche nach der Seele« doziert. Ein Zeichen dafür, dass die rapide gewachsene EDL anderthalb Jahre nach ihrer Gründung zur Verbrüderung mit Gleichgesinnten ansetzt – wohl nicht zuletzt, um ihr Hooligan-Image abzustreifen. Neben bestehenden Kontakten zu Pax Europa oder dem Blog »Politically Incorrect« hat man dabei vor allem die US-amerikanische Tea-Party-Bewegung im Blick. Auch dort ist Nachum Shifren bekannt.