Drei Federn sind genug

Die CDU hat wieder einmal eine Chance versäumt, Klarheit in Sachen Leitkultur zu schaffen. Der »Adler mit zwölf Schwingen und drei Schwanzfedern« solle endlich Verfassungsrang erhalten, hatte der Kreisverband Saarbrücken-Stadt gefordert, doch wurde dieser Antrag von der Parteiführung nicht einmal zur Abstimmung zugelassen. Es läge nahe, mit einem Kalauer fortzufahren, der die »fette Henne« und Angela Merkel miteinander in Verbindung bringt, doch geht es in der Adler-Frage nicht nur um die Kritik am Design des Bundestagsadlers, der sechs Schwanzfedern hat und in der Tat so aussieht, als bräuchte er Renate Künast als Ernährungsberaterin, bevor er wieder abheben kann. Es geht ums Grundsätzliche. »Kein Unternehmen, das auf sich hält und um Kunden wirbt, würde so nonchalant mit seinem Logo umgehen, wie die Bundesrepublik Deutschland es von jeher tut«, klagte Michael Stürmer bereits im vergangenen Jahr in der Welt. »Der Bundesadler hat viele Formen, von vegetarisch bis wehrhaft. Ob das ein Zeichen von Pluralität ist oder mangelnder Selbstachtung oder einfach Unbegreifen der Symbole, der postmoderne Staat als Gesellschaft mit beschränkter Haftung?«
Ja, schauen Sie sich die diversen Vögel einmal genau an. Meist streckt der Adler die Zunge heraus, wie es in Friedrich Eberts Verordnung aus dem Jahr 1919 vorgesehen ist, aber im Bundestag hält er den Schnabel. In der Bundeswappen-Version Tobias Schwabs sieht er so aus, als hinge ihm alles so sehr zum Halse heraus, dass er sich übergeben muss. Ziemlich bösartig ist sein »Dich fresse ich auch noch«-Blick hingegen auf der Standarte des Bundespräsidenten. Was also wollen wir der Welt mit unserem Adler sagen? Dass wir sie zum Kotzen finden oder dass wir sie als unsere Beute betrachten? Man kann in Schwabs Version allerdings auch einen Adler sehen, der sich gerade überfressen hat, und die Ansicht vertreten, dass die karnivore Symbolik und die Entscheidung für den »König der Lüfte« für sich sprechen. Es haben ja auch andere Nationen einen Vogel, doch die Flagge Ugandas ziert der Kronenkranich, über Dominica weht eine Fahne mit Papagei, und Papua Neu-Guinea wählte den Paradiesvogel, der allerdings wirklich nicht zu Deutschland passen würde.
Besorgte Patrioten sollten bedenken, dass kein Unternehmen, das auf sich hält und um Kunden wirbt, sich der Welt als überlegenes Raubtier präsentieren würde. Ein innovativer Global Player kann auch mal sein Logo wechseln. Passend wäre zum Beispiel der Storch. Der ist auch karnivor, wirkt aber weniger bedrohlich. Er wäre den Deutschen überdies eine ständige Mahnung, etwas gegen ihr Aussterben zu unternehmen, und seine Gewohnheit, sich zeitweilig in den Ländern des Südens vollzufressen, ist ein schönes Symbol für die deutsche Außenwirtschaftspolitik.