Eine Nazi-Webseite aus Österreich und ihre Verbindungen nach Deutschland

An der schönen braunen Donau

Die österreichischen Behörden gehen gegen die Betreiber einer Nazi-Homepage vor. Diese haben gute Verbindungen zu Burschenschaften, militanten Rechtsextremen, zur FPÖ und auch nach Deutschland.

Juden, Migranten, Homosexuelle, Antifaschisten, unliebsame Politiker und Journalisten – gegen solche Personen richtet sich die Hetze auf der Nazi-Homepage »alpen-donau.info«. Seit dem Frühjahr 2009 wird die Seite von Österreich aus betrieben. Von Beginn an vermuteten antifaschistische Organisationen wie das »Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands« (DÖW), dass ehemalige Kader der militanten »Volkstreuen außerparlamentarischen Opposition« (Vapo) und die Jugendabteilung der rechtsextremen »Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik« (AFP) verantwortlich für die Seite seien.

Auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen hin wurden im Sommer 2009 einige Betreiber von »alpen-donau.info« bekannt, so unter anderem Gottfried Küssel, der mehrfach wegen NS-Wiederbetätigung und anderer Delikte verurteilte und auch international bekannte Gründer der Vapo, und Franz Radl, ein steirischer Nazi und Vertrauter des Holocaust-Leugners Gerd Honsik. Weitere ehemalige Mitglieder der Vapo sowie Personen aus dem Umfeld der AFP wurden ebenfalls genannt. Doch erst ein Jahr später beauftragte das österreichische Innenministerium das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) mit Ermittlungen, das daraufhin die »Soko Alpen-Donau« gründete. Sowohl die Medien als auch NGO kritisierten diese nachlässige Vorgehensweise des Innenministeriums. Dieses hielt es beispielsweise nicht für nötig, die Personen zu informieren, gegen die auf der Nazi-Homepage Drohungen geäußert wurden.
Ende Oktober durchsuchten die Behörden die Wohnungen von 18 Verdächtigen, unter ihnen Küssel, Radl und mehrere bekannte ehemalige Vapo-Mitglieder, wobei die Polizei auch Waffen wie eine Kalaschnikow samt Munition vorfand. Ein Verdächtiger, Benjamin F., ist der Sohn eines Beamten, der im BVT in einer Observationsgruppe arbeitete.
Auffällig, aber nicht überraschend ist die Zahl der Burschenschafter unter den Verdächtigen. Burschenschaften haben wegen ihrer guten Verbindungen in die Nazi-Szene und in die Politik und Wirtschaft einen großen Anteil an der rechtsextremen Kontinuität in Österreich. Burschenschafter schrecken auch vor Gewalt nicht zurück: Im Sommer 2009 kam es in Wien zu einem auf »alpen-donau.info« angekündigten Angriff auf einen antifaschistischen Rundgang. Mehrere Zeugen identifizierten Sebastian Ploner als einen der Angreifer, ein Mitglied der Burschenschaft Olympia und damaliger Mitarbeiter des dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf (FPÖ). Bereits im Oktober 2008 hatten Burschenschafter eine gegen Martin Graf gerichtete Kundgebung angegriffen, mit dabei war neben Ploner auch Benjamin F., der der Burschenschaft Silesia angehört.

Die Betreiber der Nazi-Homepage verfügen offenbar nicht nur über gute Verbindungen zu Burschenschaften, sondern auch zur FPÖ. So veröffentlichte »alpen-donau.info« unter anderem einen Brief des FPÖ-Abgeordneten Peter Fichtenbauer. Auf dem Schreiben, das online als Bilddokument einzusehen war, ließ sich eine Faxnummer erkennen, die zu einem privaten Anschluss des ehemaligen FPÖ-Abgeordneten Johann Gudenus gehörte, dessen Sohn, Markus Gudenus, Mitarbeiter im Parlamentsklub der FPÖ war.
Für die guten Verbindungen dürfte auch Ploner während seiner Tätigkeit als Mitarbeiter des Nationalratspräsidenten Martin Graf gesorgt haben. Am 28. Mai 2009 veröffentlichte »alpen-donau.info« die Korrespondenz des Landesgerichtes Wien mit der ersten Präsidentin des Nationalrats, Barbara Prammer (SPÖ). Das Schreiben war zu dem Zeitpunkt nicht öffentlich, dürfte Ploner als Mitarbeiter des Präsidentenbüros aber zugänglich gewesen und von ihm an die Internetseite übermittelt worden sein. Die FPÖ besteht jedoch darauf, dass sie mit dieser »nichts zu tun« habe, bei den Behauptungen handele sich um eine »Auftragsarbeit von Agent-Provokateuren, mit dem einzigen Ziel, der FPÖ zu schaden«.
Angesichts der Verstrickung von Küssel und anderen ehemaligen Mitgliedern der Vapo in den Fall ist es nicht verwunderlich, dass die Betreiber der Seite Verbindungen zu militanten Rechtsex­tremen haben. Nach einem Bericht der Tageszeitung Österreich hielten Nazis aus dem Umfeld von »alpen-donau.info« Wehrsportübungen in Niederösterreich ab. In einer parlamentarischen Anfrage führt der BZÖ-Abgeordnete Ewald Stadler Hinweise an, denen zufolge Mitglieder der Burschenschaft Silesia versucht haben, vollautomatische Waffen nach Österreich zu schmuggeln. In welchem Zusammenhang dies mit der Causa »Alpen-Donau« stehen könnte und wie stichhaltig die Vermutungen sind, lässt sich derzeit aber noch nicht absagen.
Zudem bestehen seitens der Betreiber von »alpen-donau.info« offenbar auch Verbindungen nach Deutschland. Mehrere österreichische Medien wiesen auf das ehemalige Vapo-Mitglied Hans Jörg Schimanek junior hin. Der Österreicher wohnt seit einigen Jahren in Dresden. Zum Kameradschaftstreffen auf dem Ulrichsberg 2009 (Jungle World 40/09) erschien neben Küssel auch Schimanek junior in Begleitung des deutschen Nazis Riccardo Sturm. Im selben Jahr besuchten Küssel und Schimanek junior eine Veranstaltung der »Freien Kräfte Leipzig«.

Die Hausdurchsuchungen bei Küssel und anderen werden von den Medien als ein gelungener Schlag gegen die österreichische Nazi-Szene betrachtet. Es gab Verhaftungen, im kommenden Jahr könnten etliche Prozesse gegen die Verdächtigen stattfinden. Doch »alpen-donau.info« ist immer noch online. Karl Öllinger, ein grüner Parlamentsabgeordneter, kritisiert diesen Umstand und wirft dem Verfassungsschutz Untätigkeit vor. Dieser bringe stets die Ausrede vor, dass man nichts unternehmen könne, da sich der Server in den USA befände, so Öllinger. Die Betreiber können also weiter ihre Hetze verbreiten. Ihr neuestes Ziel ist Ceija Stojka, eine Überlebende des Nationalsozialismus, die in Österreich wiederholt von der Ermordung der Roma berichtet hat. »Seit Jahrzehnten geht sie den echten Österreichern – mit Schilderungen über die ›Vernichtung‹ ihrer ›Volksgruppe‹ – auf die Nerven«, wird Stojka verunglimpft. Angesichts der Hausdurchsuchungen und der öffent­lichen Aufmerksamkeit geben sich die Nazis unbeeindruckt: »Die Werbung der vergangenen Tage hat uns zum Durchbruch verholfen. Erstmals haben wir es unter die 1 000 beliebtesten Netzseiten in Österreich geschafft.«