NPD und DVU haben sich vereinigt

Ein Konkurrent weniger

NPD und DVU haben sich vereinigt: zur »NPD. Die Volksunion« Mit der neuen Partei wollen sich jedoch nicht alle ehema­ligen DVU-Mitglieder abfinden.

Die NPD plant einen Festakt. In Berlin will die Partei am Samstag die Fusion mit der DVU feiern. Die letzten Schritte hin zu einer NPD mit der Namensergänzung »Die Volksunion« waren formaler Art: Bei einem Notar unterzeichneten der NPD-Bundesvorsitzende Udo Voigt und der damalige DVU-Bundesvorsitzende Matthias Faust Ende Dezember den sogenannten Verschmelzungsvertrag. »Ein Jahr mit vielen Sitzungen, Besprechungen, Abstimmungen und harter politischer Knochenarbeit liegt hinter uns. Es hat sich gelohnt«, verkündete Voigt zufrieden. Er strebt seit seinem Amtsantritt 1996 an, die NPD zu einer Sammlungspartei für eine »vereinte starke Rechte« zu machen. Faust sagte nicht minder erfreut, die Fusion sei ein »wahrhaft historisches Ereignis«.

Dieses will die Partei nun noch mit einem symbolischen Akt begehen. In der Max-Traut-Aula in Berlin-Lichtenberg soll der »Festakt« stattfinden. Der Berliner Landesverband will die Feier auch gleich als Wahlkampfauftakt für ihren Spitzenkandidaten Voigt nutzen, der zur Wahl des Abgeordnetenhauses im September antritt. Der Bundesvorsitzende soll zwar auf der Veranstaltung reden, eine neue Botschaft dürfte der ehemalige Bundeswehroffizier aber kaum verkünden. Seit dem NPD-Bundesparteitag in Bamberg im vergangenen Juni, wo die Fusionspläne erstmals vorgestellt worden sind, predigt er, dass Deutschland »eine starke nationale Kraft« brauche und die »nationalen Wähler« sich eine »starke Rechtspartei« wünschten. Deshalb habe die Führung von NPD und DVU erkannt, dass eine bloße Kooperation nicht mehr genüge. Dass nur eine vereinte Partei Volk und Vaterland retten könne, wird er ebenso wiederholen.

Die NPD musste wegen der Fusion allerdings bereits einen ersten Rückschlag hinnehmen – genau an dem Ort, wo sie sich am Samstag feiern will. Ende Dezember trat Torsten Meyer aus der NPD-Fraktion in der Lichtenberger Bezirksverordnetenversammlung (BVV) aus, deren Sitzungen regelmäßig in der Aula abgehalten werden. Der ehemalige DVU-Landesvorsitzende lehnt die Fusion ab. Mit seinem Austritt verliert die NPD den Fraktionsstatus in der BVV, ohne den auch weniger Steuergelder in die Parteikasse kommen. In der seit dem 1. Januar offiziell aufgelösten DVU gehörte Meyer zu den Gegnern der Fusion, die weiterhin auf dem Rechtsweg versuchen, die Vereinigung anzufechten.

Auf ihrem außerordentlichen Bundesparteitag im thüringischen Kirchheim hatte die DVU im Dezember die Verschmelzung mit der NPD beschlossen. Vor dem Beschluss verließen aber die Verbände Berlin, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen den Parteitag. »Das ist keine Vereinigung, das ist eine feindliche Übernahme«, wetterte Max Branghofer, DVU-Vorsitzender in Nordrhein-Westfalen, vor der Tür. Die restlichen anwesenden DVU-Mitglieder blieben unbeeindruckt. 70 von ihnen stimmten der Fusion zu, sechs lehnten sie ab, drei enthielten sich. Dieses Ergebnis hatte Faust in der »Erlebnisscheune« des »Hotels Romantischer Fachwerkhof« wohl nur mit allerlei Tricks erreicht. Glaubt man Branghofer und Meyer, dann erhielten nicht alle Parteimitglieder Einladungen, wurden Parteitagsanträge der Fusionsgegner nicht beachtet und traten NPD-Mitglieder zur Mehrheitsbeschaffung schnell in die DVU ein.

Schon vor Beginn des Parteitags war jedoch klar: Dort in der thüringischen Provinz endet die Parteigeschichte der DVU. Denn von den vermeintlichen 4 000 Mitgliedern schienen nur die wenigsten den Drang verspürt zu haben, die Zukunft ihrer Partei noch mitzubestimmen. Etwa 160 Gäste waren angereist. Die geringe Zahl der Anwesenden spiegelte den desolaten Zustand der Partei wieder.

In der »Erlebnisscheune« kam es zum Eklat, als Faust abstritt, Anträge zur Tagesordnung wie die Forderung nach einer notariellen Auszählung erhalten zu haben. Das war peinlich, denn Hans-Gerd Wiechmann, DVU-Vorsitzender in Niedersachsen, präsentierte im Saal prompt die Belege der Zusendung. Branghofer und Wichmann kündigten an, die Beschlüsse des Parteitags juristisch anzufechten. Mittlerweile sind die Fusionsgegner vor das Landgericht München gezogen. Das Bundesschiedsgericht der DVU beschloss kürzlich, dass der Verschmelzungsvertrag nicht unterzeichnet werden dürfe. Welche Zukunft die DVU aber ohne die Millionen ihres Gründers Gerhard Frey nach einem eventuell gewonnen Rechtsstreit hätte, wusste Branghofer allerdings schon auf dem Parteitag nicht zu beantworten.

Die NPD-Führung bleibt gelassen. Sie greift die Gegner der Fusion in der Öffentlichkeit nicht an. Schließlich wollte sie die DVU endlich übernehmen. Für die NPD gibt es nun einen Konkurrenten weniger rechts von der CDU – was sich bei Wahlen und in den Mitgliederzahlen bemerkbar machen dürfte. Dank der Fusion, so schätzt der Verfassungsschutz (VS), könnte die Zahl der NPD-Mitglieder von etwa 6 600 auf ungefähr 9 000 steigen. Der VS geht aber davon aus, dass der Parteiapparat durch den Zuwachs der wenig umtriebigen DVU-Leute kaum schlagkräftiger wird.

Diese Prognose gaben schon vorher verschiedene Rechtsextremismusexperten ab. »Die DVU hat weder viele aktive Mitglieder, noch große eigene finanzielle Mittel«, sagt etwa Fabian Virchow, Leiter der Forschungsstelle Rechtsextremismus an der Fachhochschule Düsseldorf. Nach Ansicht des VS kann die NPD die Fusion lediglich als Prestigeerfolg verbuchen.

Ob der VS richtig liegt? Im September sagte der Abteilungsleiter Rechts- und Linksextremismus beim VS, Artur Hertwig, von der Taz nach der Vereinigung der beiden Parteien gefragt: »Die Rea­lisierungschancen sind mehr als gering.« Eine andere große Fehleinschätzung des VS zur Entwicklung der NPD: Nach dem gescheiterten NPD-Verbotsverfahren im Mai 2003 sagte der VS, die Partei werde wegen der Debatte um die enttarnten V-Männer kaum politisch arbeiten können und sich zerstreiten. Im September 2004 gelang der NPD dann allerdings der Einzug in den Landtag von Sachsen, ihr erster Erfolg bei einer Landtagswahl nach über 30 Jahren.

Nun werde sich die Partei auf die Landtagswahlen in Bremen und Sachsen-Anhalt konzentrieren, verspricht Voigt. In Bremen könnten die Besonderheiten im Wahlgesetz der NPD einen Erfolg ermöglichen. In Sachsen-Anhalt liegt die NPD nach ersten Umfragen zumindest bei vier Prozent. Und so hofft die geeinte Partei, dass 2011 dank der Fusion zu »ihrem Wahljahr« wird.