Küchendienst im Auftrag Ihrer Majestät

Es war nicht gerade die luxuriöse Welt eines James Bond, in die der Polizeispitzel Mark Kennedy eintauchte. Er lebte in einer WG in der englischen Provinzstadt Nottingham, verbrachte Wochen in verregneten britischen Protestcamps und musste beim Abwaschen helfen. Kein Wunder, dass er versuchte, sich den Job möglichst angenehm zu gestalten. Zahlreiche Affären mit jungen Frauen aus der Szene gehörten zu seiner Tätigkeit, und Reisen in nicht weniger als 22 Länder, alles bezahlt von der Regierung Ihrer Majestät. Er wird sich wohl häufig selbst auf die Schulter geklopft haben für den phantastischen Job, den er hatte. Denn im Gegensatz zu Spionen oder Kollegen, die organisierte Kriminelle oder nordirische Para-Militärs infiltrierten, war er kaum in Gefahr. Gewalt erlebte er in seinem Job lediglich bei Demos, wenn die eigenen Kollegen zum Schlagstock griffen.
Seine Observationsobjekte waren gutgläubige Aktivisten, die ihn einfach als einen der Ihren akzeptierten. Niemand wunderte sich darüber, dass er wochenlang auf Reisen war, um »seinen Bruder in Amerika« zu besuchen, und immer mehr Geld hatte als alle anderen. Sieben Jahre lang bewegte er sich unerkannt in der britischen Aktivistenszene, nahm an allen wichtigen Protesten in Großbritannien und Europa teil. Dabei konferierte er täglich mit seinen Vorgesetzten in Scotland Yard. Welche Informationen er ihnen lieferte, ist unklar. Klar ist allerdings, dass er nicht nur Beobachter der Szene war, sondern aktiv an Protestaktionen mitwirkte.
Seit einige Menschen in seinem Umfeld im vorigen Herbst schließlich doch skeptisch wurden und ihn enttarnten, hat Kennedy sich gegen seinen früheren Arbeitgeber gewendet. In einem Prozess gegen Klimaaktivisten bot er an, für die Angeklagten auszusagen, woraufhin die Staatsanwaltschaft die Anklage zurückzog.
Kennedy hat Aktivisten auch geholfen, zwei weitere Polizeispitzel zu enttarnen, indem er Verdächtigungen gegen »verschwundene« Szenemitglieder bestätigte. Es seien bis zu 15 Kollegen in der linken Szene eingesetzt, hat er behauptet.
Der 41jährige Kennedy sagt, er bereue, was er getan habe. Viele wollen das nicht so recht glauben. Schließlich hat er seine Informationen auch schon privaten Sicherheitsfirmen angeboten. Und nun heißt es, er habe einen Buchvertrag unterschrieben.