Der letzte linke Student ist empört. Zum einen ist er immer empört, denn er ist ja ein Linker. Zum anderen aber ist er empört, weil Empörung heute groß in Mode ist. Etwa: in Frankreich. Allerdings: nicht nur in Frankreich. Auch in Deutschland ist Empörung ein großes Thema. Das liegt hauptsächlich: an den Verhältnissen. Das wissen wir seit Brecht! Doch kaum minder hauptsächlich liegt es: an Büchern. Nun weiß jedes Kind: Bücher machen schlau. Und Bücher aus Frankreich: oft ganz besonders. Und Bücher über Aufstand und Empörung verkaufen sich gerade ganz wunderbar!
Wir wissen somit: Empörung ist gut. Und. Empörung ist en vogue. Daher schreibt der letzte linke Student in sein besonderes Notizbuch: »Let’s be empört! Denn nur, wenn wir uns aufregen, spüren wir uns noch. Und gibt es nicht gute Gründe zur Aufregung – Krieg, Hunger, Armut, Vereinsamung? Wenn wir uns dagegen stellen, wenn wir unser Gewissen ›Nein!‹ sagen lassen, dann hilft das nicht nur der Menschheit, nein, es belebt uns selbst auch, von innen her. Empörung ist gewissermaßen eine ganzheitliche Wellness-Maßnahme.« Das schreibt der letzte linke Student in sein besonderes Notizbuch. Und: es fühlt sich gut an. Und: es liest sich gut weg. Das müsste er hie und da noch etwa ausformulieren, und schon wäre es ein Buch. Und ein Buch: kann die Welt retten. Und seinen Autor kann ein Buch: sehr reich machen. Und ein erfolgreiches gutes Buch: kann andere, böse Bücher aus der Bestsellerliste fernhalten. Das alles ist mehr als gut. Daher: denkt der letzte linke Student jetzt über ein Buch nach. Das wird er alsbald schreiben. Und auch wir sollten ruhig einmal schauen, ob denn schon alles gesagt ist oder ob die Welt noch was zur Kenntnis nehmen müsste.
