»Tal der Wölfe« ist ein Familienunternehmen

Die Wölfe und ihre Brüder

Eigentlich ist Muhammed Necati Sasmaz, der in »Tal der Wölfe – Palästina« die Hauptrolle spielt, gar kein Schauspieler. Er soll vielmehr Scheich des Sufi-Ordens der Kadiri werden, wie es die Familientradition will. Die Gruppe hat politische Verbindungen zu den faschistischen Ultranationalisten der Grauen Wölfe.

»Tal der Wölfe – Palästina« ist die bisher teuerste Filmproduktion der Türkei. Der Film, der von der Kölner Verleihfirma Pera Film auch in Westeuropa vertrieben wird, kostete nicht nur mehr als der erste Kinofilm der türkisch-nationalistischen Filmreihe. Er sorgt auch für noch heftigere Diskus­sionen als »Tal der Wölfe – Irak«. Beinahe wäre sogar der Filmstart Ende vergangener Woche in Deutschland abgesagt worden. Die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) verweigerte dem türkischen Actionreißer zunächst die Kennzeichnung.

Ein »Skandal« sei diese Entscheidung, empörte sich die türkische Filmproduktionsgesellschaft Pana Film. Damit würden das Recht, die Demokratie, die Meinungs- und Gewissensfreiheit »mit Füßen getreten«. Die Kritik der FSK, den Zehn-Millionen-Dollar-Streifen durchziehe ein »nationalistischer und gewaltverherrlichender Tonfall«, mit ihm würden »antiisraelische Klischees massiv transportiert« und er sei geeignet, »antiisraelische Gefühle zu fördern«, wies Pana Film entschieden zurück. »In Palästina werden die Menschen wegen einer zionistischen Ideologie systematisch ermordet«, verkündete das in Istanbul ansässige Medienunternehmen in einer Erklärung. Das einzige Vergehen, dem sich die Macher des letztlich doch noch von der FSK ab 18 Jahren freigegebenen Films schuldig gemacht hätten, sei es, »den unschuldigen Menschen beizustehen und die faschistisch-zionistische Politik nicht zu unterstützen«.
»Kurtlar Vadisi – Filistin«, wie »Tal der Wölfe – Palästina« im Original heißt, ist ein Familienprodukt. Die Hauptrolle des türkischen Agenten Polat Alemdar spielt der 39jährige Muhammed Necati Sasmaz. Regie führt der 29jährige Hilmi Zübeyr Sasmaz. Produziert hat den Film der 37jährige Tayyar Raci Sasmaz, der zudem am Drehbuch mitschrieb. Die drei Brüder stehen auch hinter Pana Film. Die Firma produzierte die gesamte »Tal der Wölfe«-Reihe, die 2003 in der Türkei als Fernsehserie begann. Mittlerweile sind daraus vier Spielfilme entstanden.
Die Gebrüder Sasmaz stammen aus Ostanatolien. Ihr Großvater, Caferi Tayyar Sasmaz, war ein einflussreicher Scheich des mystischen Sufi-Ordens der Kadiri. Ihm folgte sein Sohn, Abdülkadir Sasmaz. Und irgendwann wird wohl auch dessen ältester Sohn, der Kino-Held Necati, Kadiri-Scheich werden. So will es jedenfalls die Fami­lientradition. Wie die meisten Derwisch-Bruderschaften stehen die Kadiri in der Türkei politisch weit rechts und neigen den faschistischen Ultranationalisten der Milliyetçi Hareket Partisi (MHP), besser bekannt als »Graue Wölfe«, und ihrer Abspaltung Büyük Birlik Partisi (BBP) zu. Mehmet Tahir Sasmaz, der ältere Bruder von Abdülkadir, war in den siebziger Jahren Abgeordneter der MHP. In den achtziger Jahren wechselte er zur konservativen Dogru Yol Partisi (DYP) des späteren Minister- und Staatspräsidenten Süleyman Demirel.

Passend zu der Verbindung von Islam und türkischem Nationalismus propagieren die »Tal der Wölfe«-Filme die rechtsgerichtete Ideologie der »türkisch-islamischen Synthese«. Es gibt noch weitere personelle Verbindungen zu den »Grauen Wölfen« – unter anderem über die Mücazoglu Basın Yayın Sinema A.S., deren Teilhaber Raci Sasmaz ist. Gegründet wurde das Verlagsunternehmen in den neunziger Jahren von seinem Vater Abdülkadir sowie Cengiz Solak, Fahri Yüksel und Zülfü Canpolat. Fahri Yüksel, dem nachgesagt wird, in einen politischen Mord 1979 in Malatya verstrickt gewesen zu sein, war bis Anfang des vergangenen Jahrzehnts ein hoher Funktionär der MHP in dieser türkischen Provinz. Zülfü Canpolat war ein enger Freund des 2009 bei einem Hubschrauberabsturz umgekommenen Vorsitzenden der BBP, Muhsin Yazıcıoglu. Nachdem sich Anfang der neunziger Jahre die islamistisch-­nationalistische BBP von der MHP abgespalten hatte, gründete Canpolat mit Gleichgesinnten deren Europaorganisation, die Avrupa Nizam-ı Alem Federasyonu (ANF). Bis heute tritt Zülfü Canpolat auf Veranstaltungen von Mitgliedsvereinen des in Frankfurt ansässigen Verbandes auf, der inzwischen den Namen Avrupa Türk Kültür Dernekleri Birligi (ATB) trägt. Sein Bruder Mehmet Canpolat widmet sich unterdessen dem Filmgeschäft. Hier schließt sich der Kreis. Denn Mehmet Canpolat ist sowohl Mitgesellschafter von Pana Film als auch Geschäftsführer von Pera Film. Das Kerngeschäft der 2008 gegründeten Gesellschaft ist nach eigenen Angaben der internationale Verleih und Vertrieb von Filmen. Insbesondere der »Tal der Wölfe«-Streifen. Ein lohnendes Geschäft.