»Geht es Ihnen gut?«

Bradley Manning ist ein bedauernswerter Kerl. Angeblich darf er in seiner Einzelzelle, in der er seit über 250 Tagen 23 Stunden täglich sitzt, so ziemlich gar nichts. Die meiste Zeit darf er noch nicht einmal schlafen. Seine Wächter sprechen ihn laut Information von Amnesty International alle fünf Minuten an, ob es ihm auch gut gehe. Damit sich Manning nichts antun kann, sondern die Fürsorge der US-Militärs, die ihn bewachen, noch lange genießt, wurden dem 23jährigen auch die Kleidung bis auf die Unterwäsche und seine Brille abgenommen. Berichten zufolge darf der US-Soldat, dem vorgeworfen wird, das Apache-Video aus dem Irak, die US-Warlogs und die US-Cables an Wikileaks weitergegeben zu haben, noch nicht einmal Liegestützen in seiner Zelle machen. Und Informationen aus der Außenwelt bekommt er anbgeblich auch keine.
Immerhin damit tun ihm seine Bewacher vielleicht einen Gefallen. So blieb Manning in den letzten Monaten wenigstens erspart, wie sich Julian Assange als Held von Wikileaks feiern ließ und wie er sich, der seit ein paar Wochen im Hausarrest sitzt, als Opfer einer Verschwörung gibt – anstatt seinen Posten bei Wikileaks einfach mal ruhen zu lassen, bis die Vergewaltigungsvorwürfe gegen ihn geklärt sind. Und wie Assange, der Wikileaks zu einer intransparenten One-Man-Show machte, zur Lichtfigur der Informationsfreiheit verklärt wurde, während Manning, dem Wikileaks mutmaßlich alle wichtigen Scoups verdankt, im Militärgefängnis in Virginia darbt und fast in Vergessenheit geraten ist.
Aber nur fast. Mittlerweile kommt die Solidaritätskampagne für Manning in Schwung – vielleicht, weil Assange in den gerade massenhaft erscheinenden Assange-Büchern vor allem als unsympathischer paranoider Egomane erscheint und man genau das von Manning nicht behaupten kann. Vertrauensselig plauderte er in einem Chat mit dem Hacker und Journalisten Adrian Lamo aus, dass er brisante Daten aus geheimen Datennetzen der USA kopiert und weitergegeben habe. »Gott weiß, was jetzt passiert, hoffentlich internationale Debatten und Reformen«, schreibt Manning voller Idealismus in einem von wired.com veröffentlichem Chat mit Lamo, der ihn kurz darauf ans FBI verriet. Wie die von Manning kopierten Daten zu Wikileaks gelangten, ist den Ermittlern allerdings noch nicht klar. Wenn Manning, der bisher nur in Untersuchungshaft ist, wegen den geleakten Daten verurteilt wird, drohen ihm 52 Jahre Haft.