Virtuelle Volksversammlung

Inwieweit das ägyptische Militär und die Demonstranten vom Tahrir Square miteinander, sagen wir, glücklich werden, muss sich natürlich erst noch zeigen. Dass die Aktivisten nicht so einfach bereit sind, von irgendwem, Hauptsache er heißt nicht Mubarak, regiert zu werden, wurde jedenfalls schon am Sonntag klar. Nach Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften kamen Blogger wie der mittlerweile international bekannte Sandmonkey sowie diverse Twitter-User überein, ihre Forderungen für ein neues, demokratisches Ägypten gemeinsam zu erarbeiten.
Neu daran war, dass dies nicht auf einer Versammlung geschah, sondern im Internet. Und dass jeder, der wollte, dabei zuschauen konnte, denn der Einfachheit halber benutzte man mit Google Spreadsheet ein Programm, mit dem mehrere User gleichzeitig an einem Dokument arbeiten können. Zu den ersten Forderungen gehörte, die Rubrik »Religionszugehörigkeit« in den ägyptischen Pässen abzuschaffen, außerdem verlangten die Aktivisten die Aufklärung aller Übergriffe der Sicherheitskräfte während der Proteste.
Am Sonntagabend wurden die Ergebnisse unter zur Diskus­sion gestellt. Die wichtigsten Forderungen sind: eine unabhängige Judikative, die Einführung eines Mindestlohns, unabhängige Gewerkschaften, Ombudsleute, die Trennung von Staat und Religion und die Abschaffung der Todesstrafe.
Die Möglichkeiten des Web 2.0 werden von den Aktivisten allerdings auch für echte Detektivarbeit genutzt. Unter begann man damit, die Herkunft von Mubaraks Vermögen zu ermitteln. Bald soll daraus ein Wiki entstehen.