Über das neue Ausländergesetz

Die müssen draußen bleiben

Das neue Ausländergesetz dient der Abwehr vermeintlich Unproduktiver. Denn Einwanderer aus »fremden Kulturkreisen« gelten allein wegen ihrer Herkunft schon als unnütz.

»Bis zur letzten Patrone« werde sich die CSU »sträuben«, ließ Horst Seehofer kürzlich auf dem Politischen Aschermittwoch seiner Partei wissen. Doch anders als im Jahr 1945, als in Berlin auf den »Befehl für die Vorbereitungen zur Verteidigung der Reichshauptstadt« hin »bis zur letzten Patrone« geschossen werden sollte, rief Seehofer nicht zum Kampf gegen bolschewistische Horden, sondern gegen »die Zuwanderung in die deutschen Sozialsysteme« auf. Den Durchhaltebefehl, der auch von einem NPD-Funktionär stammen könnte, hätte sich der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident sparen können. Auch Flinte und Munition kann er im Wandschrank lassen. Die Bundesregierung hat mittlerweile in seinem Sinn gehandelt.
In der vergangenen Woche verschärfte die schwarz-gelbe Mehrheit im Bundestag das Ausländerrecht. Einen ersten Gesetzentwurf hatte Thilo Sarrazin im vergangenen Jahr mit seiner Propagandafibel »Deutschland schafft sich ab« vorgelegt. Kraft Gesetz müssen Einwanderer nun nachweislich in Integrationskursen Deutsch lernen und ihre noch schulpflichtigen Kinder gute Noten in der Schule haben, um sich dauerhaft in Deutschland aufhalten zu dürfen. Man meint es vorgeblich aber auch gut, vor allem mit Migrantinnen: Eine Ehe zu erzwingen, ist künftig ein eigener Straftatbestand. So sollen nach Bekunden der Regierung Frauen vor der Zwangsheirat geschützt werden.
»Menschen, die bei uns leben, sollten sich nach den hiesigen freiheitlich-demokratischen Werten richten.« So begründete Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) die Entscheidung. Dass die Wertschätzung »freiheitlich-demokratischer Werte« auch bei den Deutschen selbst nicht unbedingt mit ausreichenden Deutschkenntnissen und passablen Schulnoten einhergeht, beweist jedoch nicht nur ein bayerischer Minis­terpräsident, der spricht wie ein Gauleiter kurz vor dem Endsieg, sondern dokumentieren auch die Aussagen und Handlungen anderer Eingeborener regelmäßig, die in einschlägigen Statistiken erfasst sind. Dass die Bundesregierung selbst zwar freiheitlich-demokratische Worte schätzt, ihr Einsatz für Frauenrechte aber beim Kleingedruckten aufhört, zeigen die Neuerungen zur Zwangsehe: Ihre Anbahnung ist nun eine Straftat, zugleich wurde aber die sogenannte Mindestehebestandszeit heraufgesetzt. Eine Ehe muss demnach drei statt bisher zwei Jahre lang bestehen, damit eine nachgezogene Ehefrau das Aufenthaltsrecht erhält. Das dürfte für manche Frauen heißen: ein Jahr länger Prügel. Und für viele zumindest: ein Jahr länger Zwangsehe.
Oder eben einfach: kein Aufenthaltsrecht. Denn darum geht es im Gesetz. Wer bislang nicht dazugehören darf, soll auch in Zukunft nicht da­zugehören, es sei denn, er ist fleißig und lässt anhand guter Schulnoten Rückschlüsse auf seine zukünftige Verwertbarkeit zu. Die ortsansässigen Überflüssigen wurden kürzlich durch die sogenannte Hartz-IV-Reform weiter gesellschaftlich abgehängt. Nun hat es die Einwanderer »aus fremden Kulturkreisen« erwischt, die allein schon aus Gründen der Herkunft als unproduktiv und als Gefahr für die deutschen Sozialsysteme gelten. Nur beim ausländischen Klassenprimus drücken die Deutschen ausnahmsweise ein Auge zu.