Der Hamburger Senat hat seine Arbeit aufgenommen

Zurück in die Siebziger

Eine Wirtschaftspolitik, über die sich Unternehmer freuen, eine Umweltpolitik, über die sich Umweltverbände ärgern, und allerlei Wahlversprechen, die nun finanziert werden müssen – der neue Hamburger Senat hat seine Arbeit aufgenommen.

»Wir schaffen das moderne Hamburg.« Das verkündete Olaf Scholz in der vergangenen Woche in seiner Regierungserklärung. Neuneinhalb Jahre nach dem Verlust der Macht stellt wieder die SPD Hamburgs Ersten Bürgermeister. Einen Monat, nachdem sie die absolute Mehrheit bei den vorgezogenen Bürgerschaftswahlen erhalten hatte, nahm mit der Wahl der Senatoren in der vergangenen Woche der neue Senat seine Arbeit auf.
Ein »Bürgermeister für alle Hamburger« wolle er sein, ließ Scholz verlauten. Zuerst muss er aber der Bürgermeister der 62 SPD-Abgeordneten seiner eigenen Fraktion sein. Denn die größte Gefahr für Scholz geht künftig weniger von den vier Oppositionsparteien als von der eigenen Partei aus. Die Hamburger SPD ist nach Flügelkämpfen und Personalquerelen völlig zerstritten. Der abgewählte schwarz-grüne Senat scheiterte weniger an ihr als an sich selbst.

So hat die Wahl im Februar nicht die SPD, sondern Olaf Scholz für die SPD gewonnen. Dieser Umstand verschafft ihm bislang die notwendige Autorität, um sich in der Partei und in der von ihm geführten Regierung durchzusetzen. Doch schon die Tatsache, dass sich Scholz bereits Anfang März zum Bürgermeister wählen ließ, aber erst vergangene Woche seine Regierung zur Abstimmung stellte, zeugt von seinem Misstrauen gegenüber seiner Partei. So schützte er sich vor politischen Gegnern in der eigenen Fraktion, die ihren Unmut über die Postenverteilung im neuen Senat bei einer späteren Bürgermeisterwahl hätten bekunden können.
Die Wahl der von der SPD nominierten Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit zeigte, wie brüchig der Frieden unter den Sozialdemokraten ist. Zuerst musste sich Veit einer parteiinternen Kampfabstimmung stellen, die sie nur knapp gewann. Im Parlament wurde sie mit den Stimmen der Opposition gewählt, da nicht alle SPD-Abgeordneten für die eigene Kandidatin stimmten. »Das war ein unwürdiges Schauspiel in zwei Akten«, kommentierte der Fraktionsvorsitzende der Grün-Alternativen Liste, Jens Kerstan, den Vorgang.

Ähnlich glanzlos wie dieser Auftakt erscheint die Politik der neuen Regierung. Mit der Nominierung des parteilosen ehemaligen Handelskammerpräsidenten Frank Horch zum Wirtschaftssenator führt die SPD die bisherige Politik fort, was vor allem die Unternehmer freuen dürfte. Horch sollte bereits im vergangenen Jahr auf Bitten der CDU zum Wirtschaftssenator berufen werden, dies scheiterte damals am Widerspruch des grünen Koalitionspartners. Die Berufung von Frauen auf die Hälfte der zehn Senatorenposten ist vor allem Symbolpolitik. Allein die Berufung der neuen Kultursenatorin Barbara Kisseler wurde als gute Entscheidung auch von anderen gelobt. Was aber beispielsweise die IG-Metall-Funktionärin Jutta Blankau für ihr Amt als Stadtentwicklungssenatorin qualifiziert, bleibt unklar. Lediglich die Ansprüche des Gewerkschaftsflügels innerhalb der SPD wurden mit der Nominierung befriedigt.
Harsche Kritik übten Umweltverbände am neuen Senat, dem sie »Ansichten aus den siebziger Jahren« attestierten. So hat Scholz sich zum Amtsantritt für die Elbvertiefung und gegen die Stadtbahn ausgesprochen. Mit dem ehemaligen Berufsoffizier Michael Neumann als Innensenator übernimmt ein Hardliner das Ressort. Auch in den Bereichen Bildung, Wohnungsbau und Soziales gibt es wenig Neues, zumal die Frage nach der Finanzierung der Wahlversprechen bisher unbeantwortet geblieben ist. Die heftigste Kritik am neuen Senat und seinem zentralen Ziel der Schuldenreduzierung kam von dem ehemaligen SPD-Bürgerschaftsabgeordneten und amtierenden DGB-Vorsitzenden in Hamburg, Uwe Grund. Er erwartet, »dass Olaf Scholz mit dem Vorhaben der Haushaltskonsolidierung scheitern wird«.