Deutsches Haus

Die Szene gewaltbereiter Neonazis in Deutschland wächst. Zu diesem Ergebnis kommt das Bundesamt für Verfassungsschutz bei der Auswertung seiner Recherchen für das Jahr 2010. Der Präsident des Bundesamtes, Heinz Fromm, sagte am 18. April der Neuen Osnabrücker Zeitung, die gewaltbereite Neonazi-Szene sei im vorigen Jahr noch einmal deutlich größer geworden: »Die Zahl ist 2010 erneut um 600 auf 5 600 Personen gestiegen.« Das entspricht einem Anstieg von zwölf Prozent. Im Zehnjahresvergleich hat sich die Anzahl gewaltbereiter Rechtsextremer von 2 200 auf 5 600 Personen weit mehr als verdoppelt. Auch die »Autonomen Nationalisten«, die bei Aufmärschen immer wieder durch Gewalt auffallen, haben nach Angaben von Fromm weiterhin Zulauf: »Bei dieser Gruppe war im vergangenen Jahr ein Anstieg von zuvor 800 auf 1 000 Personen zu verzeichnen.« In der Nacht zum 17. April beschmierten unbekannte Täter eine türkische Bäckerei im Berliner Bezirk Lichtenberg mit ausländerfeindlichen Parolen. Die Täter hatten das Schaufenster der Bäckerei in der Leopoldstraße zunächst mit Tapete beklebt und diese mit fremdenfeindlichen Parolen beschriftet. Eine Zeugin entdeckte die Tat um halb fünf Uhr morgens und alarmierte die Polizei. Der polizeiliche Staatsschutz hat die Ermittlungen übernommen. Am 16. April stürmten zwölf Neonazis nach einer rechtsextremen Kundgebung vor der österreichischen Botschaft das Stelenfeld des Holocaustmahnmals im Berliner Stadtteil Mitte. Der Anlass für die rechtsextreme Kundgebung, die unter dem Motto »Solidarität kennt keine Grenzen« stattfand, war die Verhaftung des österreichischen Holocaustleugners und rechtsextremen Funktionärs Gottfried Küssel. Vor zweieinhalb Wochen war Küssel wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung in Wien verhaftet worden. Den Polizisten, die die Gruppe Neonazis nach der Kundgebung zur U-Bahn begleiten sollten, gelang es, die Neonazis vom Stelenfeld des Holocaustmahnmals zurück auf den Gehweg zu drängen, die Polizei erteilte den Rechtsextremen Platzverweise. Wie der Tagesspiegel berichtete, hatte ein 26jähriger Neonazi bereits vor der österreichischen Botschaft eine Anzeige bekommen, weil er einen Polizisten mit Migrationshintergrund beleidigt hatte. Als der Polizist den Mann aufgefordert hatte, sich vom Gehweg vor der Botschaft zu entfernen und zum Veranstaltungsort auf der anderen Straßenseite zurückzukehren, soll der Neonazi geantwortet haben, dass er sich von »einem Ausländer« nichts sagen lasse. In der Nacht zum 16. April beschmierten bisher unbekannte Täter mehrere Gebäude in der Stadt Glauchau (Sachsen) mit Hakenkreuzen und ausländerfeindlichen Parolen. Wie die Freie Presse berichtete, fanden sich die Schriftzüge an den Jalousien eines Geschäfts, auf der Schaufensterscheibe eines Eiscafés und an einer Hauswand. Die Polizei hat die Ermittlungen wegen Sachbeschädigung und des Verwendens verfassungswidriger Kennzeichen aufgenommen.   MM