Fluch und Segen des Tirolerhuts

Berlin Beatet Bestes. Folge 93. Mona Baptiste: »Die Mädchen aus der Mambo-Bar« (1959).

Die Geschichte afro-karibischer Künstler, die, wie Billy Mo, Roberto Blanco und Mona Baptiste, in Deutschland gearbeitet haben, ist noch nicht aufgeschrieben worden. Das hat wahrscheinlich damit zu tun, dass alle drei schon kurz nach ihrer Ankunft im Deutschland der fünfziger Jahre von der auf Schlager fixierten deutschen Pop­industrie vereinnahmt wurden. Man stülpte ihnen ein exotisches Image über und bot ihnen nur massenverdauliches Material an. Obwohl diese Künstler bedauerlicherweise weit hinter ihren Möglichkeiten zurückblieben, darf ihr Beitrag zur deutschen Popgeschichte nicht vergessen werden. Ohne sie wäre die Nachkriegszeit noch viel deutscher gewesen, als sie es ohnehin war.
Der 1932 als Peter Mico Joachim auf Trinidad geborene Billy Mo kam 1956 nach Deutschland und nahm zunächst eine Reihe von Jazz-Platten auf, bevor er 1962 mit dem Nummer-Eins-Hit »Ich kauf mir lieber einen Tirolerhut« seinen kommerziellen Durchbruch hatte. Der »Tirolerhut« war Segen und Fluch zugleich, denn er legte Billy Mo für den Rest seiner Karriere auf das Image des schwarzen Trachtentrompeters fest. Dabei hatte er bereits in den frühen Fünfzigern in London Musik studiert und mit der damals sehr erfolgreichen schwarzen Boogie-Woogie-Pianistin Winifred Atwell zusammengespielt. Neben seinem Wirken als schwarzer Stimmungssänger trat er dennoch, bis kurz vor seinem Tod 2004 in Hannover, immer noch in Jazzclubs auf.
Roberto Blanco wurde 1937 in Tunis als Sohn kubanischer Eltern geboren, studierte zunächst in Madrid und kam 1957 für seine erste Rolle in dem Film »Der Stern von Afrika« nach Deutschland. Josephine Baker lud ihn 1957 auf ihre Konzerttournee ein, nachdem sie gehört hatte, wie soulful er »Ol’ Man River« vortrug. Die Zeit war leider nicht reif für einen Salsa singenden Roberto Blanco, und auch als Opernsänger hätte er in den fünfziger Jahren in Deutschland sicher kein Engagement bekommen. Als er in den frühen Siebzigern mit Hits wie »Der Puppenspieler von Mexiko« und »Ein bisschen Spaß muss sein« endlich Erfolg hatte, war sein Image zementiert.
Mona Baptiste, 1928 auf Trinidad geboren, hatte sich bereits als Bluessängerin einen Namen gemacht, als sie 1948 nach London kam. Mit der Band des schwarzen britischen Jazzmusikers Cab Kaye trat sie regelmäßig auf und wechselte dann nach Paris in das Quintett von Stéphane Grappelli, wo sie auch mit Yves Montand auftrat. Ihren ersten deutschen Plattenvertrag erhielt sie 1953 von Polydor und nahm mit dem Rias-Tanzorchester von Werner Müller zunächst auch vom Jazz beeinflusste Platten auf. Im Duett mit Bully Buhlan hatte sie 1954 mit »Es liegt was in der Luft« einen ersten Hit und spielte bis Ende der fünfziger Jahre in sieben Filmen mit, unter anderem der heiteren Sexploitationkomödie »Mädchen für die Mambo-Bar«, deren Titelmelodie sie sang. 1993 starb Mona Baptiste 65jährig in Krefeld.
So albern die Musik dieser Künstler auch im Rückblick erscheinen mag, welche afro-karibischen Künstler, die in Deutschland leben, sind eigentlich heute in den deutschen Charts?