Renate Künast und die E-Autos

Mit dem Strom

Ob die von den Grünen propagierte »Energiewende« zum Umweltschutz beiträgt, ist fraglich. Zweifellos aber nützt sie der Industrie und dem grünen Kleinbürgertum.

»Den Autofirmen Feuer machen« – das ist nicht etwa die neue Parole der linksradikalen Szene. Vielmehr wollen die Grünen das Feuer entfachen, und diese Partei hat andere Konzepte zur Verkehrsberuhigung als die autonomen Gentrifizierungsgegner. Statt des Röhrens von Benzin- und Dieselmotoren möchten die Grünen das Surren von Elektroautos hören. Bereits im Jahr 2009 hatte Renate Künast festgestellt, dass Elektroautos »bis zu 5 000 Euro teurer als herkömmliche Fahrzeuge« sind und ein »Marktanreizprogramm« gefordert. In einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel schrieb sie am Samstag: »Wir müssen uns für eine bundesweite Kaufprämie von 5 000 Euro zur Markteinführung einsetzen.«
Der Regelsatz für die Angehörigen der 300 000 Berliner Haushalte, die Hartz-IV-Leistungen beziehen, erreicht in einem Jahr nicht die Höhe der Summe, die Künast wohlhabenden Autobesitzern schenken will. Man könnte ihre Forderung als Anzeichen dafür werten, dass sie nicht wirklich Bürgermeisterin von Berlin werden will, allerdings nur, wenn man den Grünen Realitätssinn – nicht zu verwechseln mit der Vorliebe für Realpolitik – unterstellt. Künasts Behauptung, dass Berlin »als Produktionsstandort für E-Autos und Batterien attraktiv sein« werde, wenn es nur genug »Elektromobilität« in der Stadt gibt, ist jedoch so realistisch wie die Vorstellung, die Produzenten von Fernsehern würden sich dort ansiedeln, wo die meisten Couch Potatoes leben.
Verwegen ist auch die Behauptung, Elektroautos könnten einen Beitrag zum Umweltschutz leisten. Wenn der auch von der Bundesregierung propagierte Plan, bis zum Jahr 2020 eine Million dieser Fahrzeuge auf die Straße zu bringen, verwirklicht werden sollte, würde die Kohlendioxidemission bestenfalls um 0,1 Prozent sinken, stellte eine vor zwei Jahren vom World Wildlife Fund veröffentlichte Studie fest. Aber es gibt andere Vorzüge. Die Grünen wollen, dass »wir die besten Elektro- und Hybridantriebe auf der Welt verkaufen«, die Bundesregierung will Deutschland »zum Leitanbieter und zum Leitmarkt« für Elektro­autos machen und zu diesem Zweck unter anderem Forschungssubventionen zahlen und steuerliche Privilegien gewähren. Denn »die deutsche Industrie fürchtet, dass Deutschland den Anschluss verliert«, berichtet der Spiegel.
Viel Feuer muss man der Industrie also gar nicht mehr machen, aber direkte und indirekte Subventionen werden immer gerne genommen. Die Grünen haben als erste Partei erkannt, dass die »Energiewende« unerlässlich für die kapitalistische Modernisierung ist. Dass ihre Politik »unsere Industrie« und das grüne Kleinbürgertum begünstigen soll, hat Künast nun noch einmal klargestellt, denn keinesfalls darf der »Green New Deal« zu einer Änderung der Produktionsverhältnisse führen. Ob es mit einer solchen Politik gelingt, die globale Erwärmung zu stoppen, ist fraglich. Immerhin erhöht sie die Chance, dass den Berlinern eine Bürgermeisterin Künast erspart bleibt.