Ressontimistisch

Lästig. Mit diesem einen Wort lässt sich der diesjährige Eurovision Song Contest zusammenfassen, denn es war einfach alles lästig: die Vorberichte, in denen es hauptsächlich um die Siegeschancen von Quietsche-Lena ging, die Halbfinale, in denen das europäische Musik-Elend besichtigt werden konnte, die scheußli­chen Kostüme, die entweder so aussahen, wie sich Dorfspießer in den Siebzigern Sexyness vorstellten oder Stadtspießer in den Achtzigern Hippness – und dann natürlich die Songs. Hört sich aber eigentlich an, als sei alles wie immer, wenn das, was früher Melodie Grand Prix hieß, stattfindet? Joa. Nur halt, dass der Charme irgendwo unterwegs auf der Strecke geblieben ist. Und der ganze Mist wirklich richtig ernst genommen wird. Wo man sich früher einfach bloß über das Diehamunskeinepunktegegeben-Gejammer lustig machen und über scheußliche, die Songs kongenial untermalende Outfits lachen konnte, wird der Euro-Trash nun zur verbissenen Vergnügungsarbeit. Was natürlich auch daran liegt, dass die, die früher still verkniffen auf der Couch saßen und sich genau merkten, wer »uns« keine Punkte gab, nun plötzlich auf Twitter und Facebook ganz laut übelnehmen können. Und zwar, in dieser Reihenfolge: Israel (wegen null Punkte), Aserbaidschan (wegen Gewonnenhaben) und allen anderen (wegen nicht deutsch sein). Für diese Art des Grand-Prix-Guckens haben wir übrigens anscheinend gerade ein neues Wort erfunden: ressentimistisch. Google sagt jedenfalls: »Es wurden keine mit Ihrer Suchanfrage – ressontimistisch – übereinstimmenden Dokumente gefunden.« Womit der Eurovisions-Müll ja dann am Ende – wenigstens in diesem Jahr – doch noch zu was gut gewesen ist. Schickes Wort nämlich eigentlich, dieses ressontimistisch. Obwohl: Lästig hätte natürlich auch gereicht. Aber egal, 2012 wird Europa ja wieder singen. Lästig. Und ressontimistisch.