Das Evangelium nach Matthias

Ist das Papamobil ein zugelassenes Kraftfahrzeug? Auch diese Frage muss vor dem Papstbesuch im September von den zuständigen Beamten geklärt werden. Man kann aber davon ausgehen, dass Benedikt XVI. kein Taxi nehmen muss. Doch welche Automarke wird er wählen? Seit Johannes Paul II. im Jahr 1979 Polen in einem polnischen Star 660 bereiste, ist es Tradition, wenn möglich ein im Gastland produziertes Fahrzeug zu nutzen. Wird Benedikt VW oder Mercedes den Vorzug geben? Wird er sich mit dem bedrohten Unternehmen Opel solidarisieren? Oder wird er in mehreren Papamobilen verschiedener Marken fahren?
Neben den Autoproduzenten dürften sich vor allem die Verleger über den Papstbesuch freuen, der rechtzei­tig vor der Frankfurter Buchmesse die Gelegenheit bie­tet, Literatur über Benedikt und den Katholizismus anzupreisen. Der Spiegel-Journalist Matthias Matussek kam mit seinem Buch »Das katholische Abenteuer« etwas zu früh, vermutlich ließ sein überschäumender Glaubens­ei­fer keine Verzögerung zu. Zum Glück gibt es das Feuilleton der FAZ sowie der FAS und somit die Gelegenheit, immer wieder über das Buch zu reden. »Ich bin mit Leib und Seele katholisch, ich denke, ich fühle, ich träume katholisch – und ich will nicht in Sack und Asche herumlaufen und mich geißeln dafür«, sagt Matussek. Die Geißel kann er ruhig im Schrank stehen lassen. Aber wie wäre es mit einem Schweigegelübde? Das ist gute christliche Tradition. »Befreie mich, oh Herr, von der Vielrednerei, an der ich drinnen, in meiner Seele leide; sie ist erbarmungswürdig«, bat Augustinus. Sogar Matussek selbst schreibt im Vorwort: »Uns scheinen die Worte auszugehen, wenn wir über religiöse Erfahrungen reden.« Ein paar hat er dann doch gefunden, und für die FAS sind auch noch welche übrig. »Benedikt kämpft an vorderster theologischer Front. Aber nirgendwo stößt er auf so großes Zögern, so viele Zweifel, nirgendwo wird die Kritik des Papstes so beißend betrieben« wie in Deutschland, glaubt Matussek. Er ist erbost über »Gremienkatholiken«, die an »der traditionell männlichen Struktur, der feudalen Pyramide der Kirche etwas ändern« wollen. Und natürlich über »die Medien«, denn die »schießen sich auf die katholische Kirche ein, wohl wissend, dass lediglich 0,1 Prozent der Missbrauchstäter aus ihren Reihen stammen«. Hier handelt es sich offenbar um eine Sarrazinsche Zahlenschöpfung (»eine schöpfen, die in die richtige Richtung weist, und wenn sie keiner widerlegen kann, dann setze ich mich mit meiner Schätzung durch«), doch muss man einräumen, dass auch der pia fraus (fromme Betrug) eine christliche Tradition ist. »Ich bin so leidenschaftlich katholisch, wie ich vor 40 Jahren Marxist war«, erläutert Matussek seinen Glaubenseifer. In Wahrheit war er Maoist. Er hat also nur das Objekt seiner Anbetung ausgetauscht.