Ethnologie im NS und in der BRD

Verdrängen, Umbenennen, Weitermachen

Ethnologie im Nationalsozialismus und danach.

Kann man diese Sache nicht endlich mal ruhen lassen? Und warum interessiert Sie das überhaupt? Sind Sie Jude, oder was?« (1) Man hat es nicht leicht, wenn man die Geschichte der Ethnologie (bzw. »Völkerkunde«) im Nationalsozialismus untersuchen möchte, denn auch heute noch gibt es Widerstände. Dabei ist die Geschichte der Ethnologie im und nach dem Nationalsozialismus eigentlich eine typisch deutsche: Nicht nur, dass viele Ethnologen ihre Karrieren lückenlos fortsetzen konnten, auch Teile des mit national­sozialistischer Ideologie kompatiblen Theoriegebäudes haben sich nach 1945 erhalten und wirken bis heute im Fach nach.
Die geschilderten Widerstände sind nichts Neues. Bereits bei der ersten Versammlung der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde (DGV) nach dem Sieg der Alliierten über das nationalsozialistische Deutschland zeichnete sich eine Linie ab, welche die interne Auseinandersetzung mit der braunen Fachgeschichte für Jahrzehnte geprägt hat. Der Hamburger Ethnologe Franz Termer eröffnete die Tagung im September 1946 mit der Feststellung, die Ethnologie habe sich nicht nur »aus der politischen Sphäre des Nationalsozialismus herausgehalten«, sondern das Fach sei vom Nationalsozialismus »unterdrückt« worden, weil seine »Lehren nicht in die Ideo­logien des Nationalsozialismus hineinpassten«. Die Ethnologie als Opfer. Die Wahrheit sah freilich anders aus.

Die Klassifizierung der Menschheit
Die Ethnologie war mit dem Anspruch angetreten, die Verschiedenartigkeit der Menschheit zu erklären. Die »Entdeckung« Amerikas durch Christoph Kolumbus brachte das Weltbild der Europäer ins Wanken, sah man sich doch plötzlich Menschen gegenüber, deren Verhalten und Aussehen so gar nicht den »abendländischen« Vorstellungen zu entsprechen schien. Die ersten Versuche, sich diese Erfahrung zu erklären, blieben zwar noch einem christlichen Weltbild verhaftet, doch dies änderte sich schließlich mit der Aufklärung und der mit ihr einhergehenden Einsicht, die Ordnung der Welt könne nur mittels Vernunft ergründet werden, da sie eben eine natürliche und nicht etwa eine göttlich gegebene sei. Der Wunsch, die natürliche Ordnung der Welt zu erfassen, führte auch zu neuen Ansätzen bei der Klassifizierung der Menschheit. Aus diesem Geist sind die Grundlagen des modernen ethnologischen Denkens entstanden.
Dabei entwickelte sich die Ethnologie im Deutschland des 19. Jahrhunderts natürlich nicht unabhängig von gesellschaftlichen Diskursen, die den politischen Alltag prägten, sondern im Wechselspiel mit ihnen. Im Unterschied zu anderen wissenschaftlichen Disziplinen waren nämlich mit »Volk«, »Kultur« und zeitweise auch »Rasse« eben jene Begriffe sinnstiftend für die Ethnologie, die auch im völkischen Nationalismus und später im Nationalsozialismus ihren festen Platz hatten. Es ist kein Zufall, dass die Formel vom »Kampf um Lebensraum« Ende des 19. Jahrhunderts von Friedrich Ratzel entwickelt wurde, der neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit als Geograph auch ein bedeutender Ethnologe war.

Völkische Projektionen
Die Geschichte der Ethnologie im Nationalsozialismus ist vielschichtig und kann auf unterschiedlichen Ebenen betrachtet werden. Es gab die Ethnologen, die als Wissenschaftler einen aktiven Beitrag zur nationalsozialistischen Politik leisteten, und jene, die mit ihren wissenschaftlichen Theorien und Forschungen eine Legitimationsgrundlage für diese Politik schufen.
Zu den Letztgenannten zählt Leo Frobenius (1873–1938), der bekannteste Schüler Friedrich Ratzels, eine exzentrische, selbstverliebte Person mit einem Hang zur Esoterik. Er begeisterte sich früh für deutschnationale Ideen und ist vor allem für seine ausgedehnten Forschungsreisen bekannt. Frobenius, der die Machtübernahme der Nationalsozialisten ausdrücklich begrüßte, wurde von Rudolf Hess protegiert, mit dessen in Alexandria lebenden Eltern er ein freundschaftliches Verhältnis pflegte. Schon vorher konnte er sich des Wohlwollens und der Unterstützung nationalkonservativer und faschistischer Kreise erfreuen. So wurde seine Südafrika-Expedition von prominenten Mitgliedern des »Freundeskreises Reichsführer-SS« (»Keppler-Kreis«) finanziell unterstützt. Mit Kaiser Wilhelm II., der seine Expeditionen förderte, war Frobenius ebenfalls befreundet. Im Ersten Weltkrieg versuchte er, wenn auch erfolglos, vom Sudan aus die Ägypter zum Krieg gegen die Engländer aufzurufen, um so die geostrate­gische Stellung Deutschlands zu stärken.
Als Afrika-Forscher veröffentlichte er 1938 in der Zeitschrift für Ethnologie den Aufsatz »Die Waremba. Träger einer fossilen Kultur«. Er glaubte, im Aussehen und Verhalten der von ihm als »Mulemba« bezeichneten Menschengruppe, die er im Süden Afrikas erforscht hatte, »jüdische Züge« zu entdecken: »Der ›jüdische‹ Mulemba, – ich habe mich mit allen psychologischen Mitteln dagegen gewehrt, dieses fast allgemeingültig gewordene Beiwort anzuerkennen. Aber wo ich ihnen auch begegnet bin, (…) immer wieder konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, den in Galizien Juden auf mich gemacht hatten.« Um seine Vermutung zu belegen, zählt er phy­sische und psychische Eigenschaften auf, die aus dem Repertoire antisemitischer Stereotype stammen. Er beschreibt eine »verhältnismäßig lange und schmale, zuweilen sehr fein geschwungene und gekrümmte Nase«, eine »gewisse Unrast und ständige Bereitschaft zum Wandern« und die »Unmännlichkeit ihrer Rasse«. Er wird sogar noch deutlicher, beispielsweise wenn er sich über die angeblich »phänomenal entwickelte Gier nach Besitz« auslässt, »im vorliegenden Falle Geldgier«. Überhaupt habe das Auftreten der Mulemba »direkt etwas Alttestamentarisches«.
Frobenius’ Perspektive auf die von ihm »untersuchten« Mulemba könnte aus Sicht der heu­tigen Ethnologie als ethnozentrisch beschrieben werden, denn er überträgt Kategorien undDeutungsmuster aus seiner eigenen Lebenswirklichkeit auf eine von ihm untersuchte Gesellschaft in Afrika, indem er sich für deren Beschreibung der völkischen Klischees des deutschen Antisemitismus bedient. Doch mit dem Begriff Ethnozentrismus wird man dieser Konstellation nicht gerecht. Vielmehr ist anzunehmen, dass der Antisemitismus des Leo Frobenius, der »das Jüdische« als abstrakte Kraft von tatsächlich globaler Dimension versteht, zur Welterklärung geronnen ist. Dass er diese Kraft auch in Afrika am Werke sieht, erinnert an einen Ausspruch des Journalisten Hermann Bahr, der vor mehr als 100 Jahren schrieb: »Wer gehasst wird, tut im Grunde dabei nichts. Der Jude ist ihnen nur eben bequem. (…) Wenn es keine Juden gäbe, müssten die Antisemiten sie erfinden. Sie wären sonst um allen Genuss der kräf­tigen Erregung gebracht.«
Frobenius gibt mit seinen Ausführungen dem in der deutschen Gesellschaft verbreiteten Antisemitismus nicht nur dieses eine Mal seinen wissenschaftlichen Segen. Ähnliche Passagen ziehen sich wie ein roter Faden durch sein Lebenswerk, und dies betrifft nicht nur die Ergebnisse praktischer Forschung, sondern auch die Theoriebildung, vor allem die von ihm entwickelte sogenannten Kulturmorphologie. Sie versteht Kulturen als Organismen, die, wie auch der menschliche Körper, einem natürlichen Verfallsprozess ausgesetzt seien.
Kulturen befinden sich demnach in einem kontinuierlichen und unaufhaltsamen Prozess der Degeneration und durchlaufen nach ihrer Geburt »ein Kindes-, ein Mannes- und ein Greisenalter«. Nicht nur die biologistischen Körpermetaphern fallen auf, interessant ist auch die Tatsache, dass Frobenius in der letzen Phase der Kultur vor ihrem Untergang ausgerechnet Rationalismus und Materialismus als vorherrschende Denk- bzw. Lebensweisen benennt, wobei die Begriffe bei ihm stets negativ konnotiert sind. Seine Degenerationshypothese erinnert somit an das, was Fritz Stern »Kulturpessimismus« genannt hat und was als maßgeblich prägend für die historische Entwicklung völkischer Ideologie angesehen wird. Das vielleicht bekannteste Beispiel für kulturpessimistische Literatur des 20. Jahrhunderts ist wahrscheinlich »Der Untergang des Abendlandes«, dessen Autor Oswald Spengler Frobenius bereits 1919 getroffen hat und von dem er sich vermutlich bei der Entwicklung seiner Kulturmorphologie inspirieren ließ.

»Das Judenproblem als Rassenproblem«
Wilhelm Emil Mühlmann (1904–1988) ist ein weiteres Beispiel für einen Ethnologen, dessen wissenschaftliches Werk sich in weiten Teilen mit nationalsozialistischer Politik und Ideologie deckt, der dies im Gegensatz zu Frobenius jedoch weitaus unverhohlener zum Ausdruck bringt. Mühlmann beschäftigte sich bereits als Schüler mit den Rassentheorien Chamberlains und des Rassenideologen Hans Friedrich Karl Günther. Später studierte er bei den Rassenhygienikern Eugen Fischer und Fritz Lenz Anthropologie und promovierte beim Ethnologen Richard Thurnwald, der ebenfalls als Rassentheoretiker und -hygieniker auf sich aufmerksam machte.
Mühlmann machte aus seinen Sympathien für den Nationalsozialismus keinen Hehl und verfügt in dieser Hinsicht über eine erstaunlich konsistente Biographie. Er entdeckte bereits sehr früh seine Leidenschaft für die Politik und wurde später von Alfred Rosenberg protegiert. Auch bei Mühlmann tritt ein deutlicher Kulturpessimismus zutage, so notierte er 1927 in sein Tagebuch: »Meinen ganzen Hass will ich sammeln, um dem Dämon auf die Spur zu kommen, der dieses Zeitalter auf einen so furchtbaren Irrweg geführt hat. Meine ganze Liebe will ich sammeln, um allen wertvollen Menschen, die ich kenne, ein sinnerfülltes Leben im Lebensstrom der Rasse zu ermöglichen, soweit meine Kräfte reichen.«
Es dauerte nicht lange, bis Mühlmann eine Antwort auf die Frage fand, wer diesen »Dämon« verkörpert und wer ihn auszutreiben in der Lage ist. Die Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begrüßte er in seinem Artikel »Die Hitlerbewegung« in der von ihm begründeten Zeitschrift Sociologus, worin er Hitler als »großen Willensstärker des deutschen Volkes« bezeichnete. Sein Eintritt in die NSDAP erfolgte zwar erst 1938, aber schon vorher war er aktives Mitglied der SA.
Auch Mühlmanns »wissenschaftliches« Treiben ist im Kontext seiner politischen Ambitionen zu verstehen. In seiner »Rassen- und Völkerkunde« (1936) zeigte er sich beispielsweise besorgt über die »Ausmerze des deutschen Volkes gegenüber dem sich viel stärker fortpflanzenden slawischen Osten« und die »Ausmerze der weißen Rasse« durch die »Mobilität der farbigen Rasse«. Implizit Friedrich Ratzel folgend, stellte er außerdem den Zusammenhang von »Volk« (bzw. bei ihm »Rasse«) und »Raum« her und verwies auf das Konkurrenzverhältnis der »Rassen«. Seine »Rassen- und Völkerkunde« wird dominiert von rassenideologischen Vorstellungen und ist durchzogen von Versatzstücken antisemitischer Ideologie. So schrieb er über »das uralte Judenproblem« und Deutschlands Verdienst, ab dem Jahre 1933 auf dieses aufmerksam gemacht zu haben. Anschließend behaup­tete er, die »nordische Rasse« habe nicht nur die schlimmsten Auswirkungen dieses »Judenproblems« zu erleiden gehabt, sondern sei auch auserwählt, es zu »lösen«: »Hat sich gezeigt, dass die nordische Rasse den größten Teil der Rassenprobleme selber stellt (…), so wird sich wahrscheinlich auch zeigen, dass sie berufen ist, die Rassenprobleme zu lösen. Voraussetzung ist, dass sie ihren bisherigen Weg weitergeht, und dieser Weg ist räumliche, geistige und wirtschaftliche Erschließung der Erde«. So bestätigte er nicht nur die Richtigkeit der ideologischen Grundannahmen nationalsozialistischer Politik, sondern auch ihre praktischen politischen Konsequenzen.
Später zeigte sich Mühlmann vor allem von der Idee der sogenannten Volkwerdung begeistert. Durch biologische und soziale Selektion werde eine »völkische Einstellung« erzielt, welche der Gruppe einen Vorteil gegenüber anderen verschaffen könne und so zur »ganzen und geschlossenen Volksgemeinschaft« führe. Für Menschen, die dieser Gemeinschaft schaden, sah er notfalls die »völlige biologische Auslöschung« vor. Juden und anderen sprach er die Fähigkeit zur »Volkwerdung« ab und gab diese »Scheinvölker« zum Abschuss frei.
Mühlmann verwendete den Terminus »Scheinvolk« zum ersten Mal in seinem Artikel »Umvolkung und Volkwerdung«, der in der Zeitschrift Deutsche Arbeit erschien und in dem Mühlmann einen Zusammenhang zwischen Juden und anderen von ihm diffamierten Gruppen herstellt. Er schrieb, die »›Parias‹ Indiens, Zigeuner, Juden, Schwarze der USA« seien ebenso unfähig zur »Volkwerdung« wie »Vaganten, Landstreicher, Gauner, ›jenische Leute‹, deren soziologischer Zusammenhang mit Juden oder Zigeunern mehrfach geklärt werden konnte«. In seinem Buch »Die Völker der Erde« griff er 1944 die Idee einer »Scheinvolklichkeit« des Judentums erneut auf. Er beschrieb die angebliche »Bevorzugung des Ökonomischen und Intellektuellen« durch Jüdinnen und Juden und deren »parasi­täres« Verhalten: »Der Mangel an Verwurzelung ist teils nomadisches Erbe, teils Ausleseprodukt der bodenvagen, nur auf Tausch, Vermittlung und Verkehr gerichteten Beschäftigung. Ein Volk sind die Juden nicht, auch kein Volkstum, sondern sie sind ein Scheinvolk (Gerhard Teich) und die Haupterscheinung des sozialen Parasitismus auf Erden« (2).

Angewandte Wissenschaft
Wenn Leo Frobenius und Wilhelm Emil Mühlmann als prototypisch dafür gesehen werden können, dass Wissenschaft durch kategoriale Bestimmungen nicht nur die Welt dort draußen beschreibt, sondern sie auch aktiv mitgestaltet, kann der Anthropologe und Ethnologe Otto Reche (1879–1966) als Beispiel für weit weniger subtile Formen der Einmischung in gesellschaftliche Prozesse gelten, da er sich für etwas angeboten hatte, was heute wohl »Politikberatung« genannt würde.
Bei Betrachtung der von Reche studierten Fächer entsteht der Eindruck eines Multitalents: Er lernte Zoologie, Anatomie, Anthropologie, Botanik, Geographie und Naturwissenschaften, besuchte aber auch Veranstaltungen zur Paläontologie, Völkerkunde, Philosophie und Psychologie. An der Universität Breslau promovierte er 1904 zum Thema »Über Form und Funktion der Halswirbelsäule der Wale«. Doch schon bald schlug er einen akademischen Weg zwischen Anthropologie und Völkerkunde ein, arbeitete am Völkerkundemuseum in Berlin und wurde 1911 Abteilungsleiter am Museum für Völkerkunde in Hamburg, wo er sich acht Jahre später in Anthropologie und Ethnologie habilitierte. Nach einer Professur in Wien landete er schließlich in Leipzig, wo er das »Ethnologisch-Anthropologische Institut« leitete, das später in »Ins­titut für Rassen- und Völkerkunde« umbenannt wurde.
Reche machte weder aus seinen politischen Ambitionen ein Geheimnis, noch daraus, dass er diese mit seiner wissenschaftlichen Tätigkeit untrennbar verbunden sah. Sein Parteiabzeichen trug er stets am Kragen. Er schrieb über die »nordische Rasse« und »Indogermanen« und betonte in einer Rede die »Bedeutung der Rassenpflege für die Zukunft unseres Volkes«. Bereits im Ersten Weltkrieg nahm er als Offizier des Landsturms an Kämpfen an der Ostfront teil, 1933 zählte er zu den Unterzeichnern des »Bekenntnisses der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat«.
Otto Reche war ein Pionier der »rassenkundlichen« Forschung und trug stark dazu bei, diese zu institutionalisieren. Als erster Vorsitzender und Mitbegründer der »Wiener Gesellschaft für Rassenpflege« betonte er deren Bedeutung für die Politik und forderte, diese müsse »die Grundlage der gesamten Innenpolitik und auch mindestens ein Teil der Außenpolitik werden«. 1926 gelang es ihm, den Obersten Gerichtshof in Wien in einem Vaterschaftsprozess davon zu überzeugen, eine »rassenkundliche Erbanalyse« für das Gutachten heranzuziehen. Sein Schüler und wissenschaftlicher Assistent Michael Hesch bemerkte zu dieser Pioniertat in einer 1939 verfassten Festschrift: »Auf Reches Begründung hin traf der Oberste Gerichtshof in Wien 1926, erstmalig für österreichische und deutsche Gerichte, in einem Vaterschaftsprozess die Entscheidung, dass neben den bis dahin allein herangezogenen Blutgruppen auch die rassenkundliche Erbanalyse zum Gutachten herangezogen werden dürfe. Gegen Widerstände nicht allein von juristischer, sondern auch von rassenkundlicher Seite hat sich das erb- und rassenbiologische Abstammungsgutachten durchgesetzt und ist heute ein wesentliches Hilfsmittel der Rassenpflege im Sinne der Nürnberger Gesetze.«
Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges bot Reche sich als »Politikberater« für den Völkermord in Osteuropa an und verfasste die »Leitsätze für die bevölkerungspolitische Sicherung des deutschen Ostens«, die an Heinrich Himmler weitergegeben wurden. Darin forderte er die Vertreibung der polnischen Bevölkerung, da diese »rassisch (…) völlig unbrauchbar« sei, und begründete dies so: »Wir brauchen ja Raum, aber keine polnischen Läuse im Pelz«. »Bei den Juden« allerdings, so schlug er vor, »wird man weniger weitherzig verfahren dürfen«. Reche schuf somit die »soziobiologische« Legitima­tion für die nationalsozialistische Bevölkerungspolitik im Osten, also für Mord und Vertreibung.

Aus »Rasse« wird »Ethnie«
Die Karrieren der Ethnologen nach der Niederlage Deutschlands gegen die Alliierten zeichneten sich durch zum Teil erstaunliche Kontinuität aus. Zwar blieben nicht alle von ihnen im Wissenschaftsbetrieb, einige konnten ihre Tätigkeit an Hochschulen jedoch mit kürzeren Unterbrechungen ungehindert fortführen. Ein besonders eindrückliches Beispiel ist der bereits genannte Antisemit und Hitlerverehrer Wilhelm Emil Mühlmann.
Mühlmann konnte seine rassistische und antisemitische Ethnologie nach der Niederschlagung des Nationalsozialismus fortsetzen, nachdem er zunächst mit seiner Ehefrau vor der Entnazifizierung durch die Alliierten nach Wiesbaden geflohen war. 1947 erschienen seine angeblichen Tagebücher unter dem Titel »Dreizehn Jahre«, in denen er sich unter anderem gegen Rassismus aussprach. Sie wurden zusammen mit Gutachten von wissenschaftlichen Kollegen den Entnazifizierungsbehörden erfolgreich zu seiner Entlastung vorgelegt, wurden von der Ethnologin Ute Michel allerdings später als ein aus »erfundenen und umdatierten Notizen aus den wirklichen Tagebüchern zusammengebrautes Elaborat« entlarvt.
Nachdem er zunächst eine Dozentur in Mainz innehatte, übernahm Mühlmann 1960 den neu gegründeten Lehrstuhl für Ethnologie an der Universität Heidelberg, den er allerdings zehn Jahre später wieder räumen musste, nachdem Studierende auf seine NS-Vergangenheit aufmerksam geworden waren und ihn unter Druck gesetzt hatten. Der Terminus »Rasse« wurde von Mühlmann bis zum Ende seiner akademischen Laufbahn verwendet, so zum Beispiel in seinem Buch »Rassen, Ethnien, Kulturen« (1964), welchem er den etwas zynisch anmutenden Untertitel »Moderne Ethnologie« gab. Christoph Seidler zeigte in seiner Studie »Wissenschaftsgeschichte nach der NS-Zeit« von 2003 an einigen Beispielen auf, dass komplette Kapitel dieses Buches der oben beschriebenen »Völker- und Rassenkunde« von 1936 entnommen waren und lediglich einzelne Begriffe ausgetauscht wurden. Die Änderungen fielen allerdings äußerst moderat aus, so wurde aus dem »Bastardisierungsproblem« ein »Rassenkreuzungsproblem«, aus der »weißen« eine »europäische Rasse« und aus der »völkischen« eine »ethnische Einheit«. Letztgenanntes allerdings nur, um im weiteren Verlauf des Buches doch wieder festzustellen, man verwende »Ethnos synonym mit Volkstum«. An anderer Stelle beschrieb Mühlmann »klassifikatorische Unterschiede« zwischen »Europiden, (…) Mongoliden und (…) Negriden«.
Das Wort »Jude« ist von 1945 an in den Schriften Mühlmanns nicht mehr zu finden. An seine Stelle tritt das »Paria-Problem«, oder aber die »nomadische Wirtschaft« und die »nomadische politische Struktur«. In einem Buch über den Nationalismus »außereuropäischer Völker« schrieb er über die Juden, diese seien ein »Paria-Volk«, »das die prophetischen Ideen einer unterdrückten Klasse« über die ganze Welt verbreitet habe.
In den siebziger Jahren zitierte der israelische Publizist Moshe Ya’ akov Ben-Gavriêl in einem Interview mit der Zeit Mühlmanns Schriften aus der NS-Zeit und kritisierte, dass diese in Bibliotheken frei zugänglich seien. In seiner Reaktion griff Mühlmann Ben-Gavriêl mit antisemitischen Beleidigungen an. Dieser sei gekränkt, weil seine Nichte vergeblich versucht hätte, bei Mühlmann zu promovieren: »Ausländische Studenten jüdischer Abkunft kommen manchmal zu uns, um mit dünnen Manuskripten auf billige Art an einer deutschen Universität zu promovieren. Wenn sie damit kein Glück haben, klagen sie über Antisemitismus.«

Vergangenheitsbewältigung auf Ethnologisch
Die Auseinandersetzung der Ethnologie mit ihrer eigenen Fachgeschichte changiert zwischen naiver Ahnungslosigkeit und expliziter Verharmlosung. Sicher mag dies auch damit zu tun haben, dass die heutige Ethnologie sich als eine per se antirassistische und moderne Wissenschaftsdisziplin versteht (3) und die nationalsozialistischen Verstrickungen des Faches kaum mit diesem Selbstbild vereinbar sind. Wenn man allerdings den Prozess der akademischen Selbstlegitimierung der Ethnologie im postnazistischen Deutschland genauer betrachtet, stellt man fest, dass sich dieser nahtlos in den gesamtgesellschaftlichen Prozess der Erinnerungs- und Schuldabwehr einfügt.
Ganz ähnlich wie das beliebte Spiel »Das waren nicht wir Deutsche, sondern die Nazis!« kommt beispielsweise die Behauptung daher, viele der kritisierten Wissenschaftler seien gar keine Ethnologen gewesen, sondern Anthropologen. Sicher wird damit ein interessanter Punkt an­gesprochen, denn die heutige Ethnologie hat in der Tat nichts mehr zu tun mit den Schädelvermessern von damals, physische Anthropologie ist heute in Deutschland kein Bestandteil ethnologischer Forschung mehr. Daraus aber auch rückwirkend den Schluss zu ziehen, es habe sich bei Ethnologie und Anthropologie stets um zwei separate Disziplinen ohne jegliche Überschneidungen gehandelt, verfälscht die Geschichte. Nicht nur, dass einige Vorreiter des ethnologischen Denkens – beispielsweise Christoph Meiners – Anthropologen waren, spätestens Ende des 19. Jahrhunderts kam es zu einer personellen und institutionellen Verschmelzung beider Fächer und die Doppelung »an­thropologisch-ethnologisch« wurde fester Bestandteil des Forschungsbetriebs, wovon auch die ethnologische Literatur aus dieser Zeit zeugt, die eine Verbindung, wenn nicht gar Verschmelzung, von Ethnologie und Anthropologie für selbstverständlich hält.
Überhaupt weiß man in der Ethnologie nicht so recht, wie man die nationalsozialistischen Aktivitäten der akademischen Ahnen einordnen soll. Der Ethnologe und »Tsiganologe« Bernhard Streck plädiert beispielsweise für etwas, das er etwas blumig als »zeitrelativistische Bescheidenheit« bezeichnet. In einem Aufsatz mit dem Titel »Zunft oder Charisma. Die Frage der richtigen Museumsleitung in den 1930er Jahren« aus dem Jahr 2004 schrieb er: »Auch Handelnde der 1930er Jahre dürfen den Anspruch erheben, dass sie nicht vom chronozentrischen Sockel der Nachkriegsaufklärung herab beurteilt, sondern aus ihrer Zeit heraus übersetzt werden – ganz wie eine fremde Kultur«. Es klingt ein wenig so, als habe sich Streck des Diktums Hans Filbingers bedient (»Was damals rechtens war, kann heute nicht Unrecht sein«), um die Ethnologie aus der Schusslinie zu nehmen. Seine Anleihen bei Ideen des normativen Kulturrelativismus (»ganz wie eine fremde Kultur«) wirken dabei sogar so, als wolle er die Ethnologie mit ihren eigenen Waffen schlagen. Eine Perspektive, wie sie Streck implizit nahelegt, würde bedeuten, dass generell keinerlei Aussagen mehr über die Fachgeschichte der Ethnologie und Geschichte im Allgemeinen getroffen werden könnten. Die antisemitischen Tiraden eines Wilhelm Emil Mühlmann wären dann ebenso wie die bevölkerungspolitischen Empfehlungen Otto Reches komfortabel in die Kategorie »Andere Zeiten, andere Sitten« einzuordnen und könnten auch sogleich ad acta gelegt werden.
Etwas anders gestaltet sich das Verhältnis zur Fachgeschichte bei Hans Fischer, der durchaus einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet hat, Ende der Achtziger die Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Fachgeschichte anzustoßen. Dennoch schwingt in seinem Buch »Völkerkunde im Nationalsozialismus« eine gehörige Portion Naivität mit, vor allem wenn es um den Antisemitismus in der Ethnologie geht. Diesen sieht er als »persönliche Meinung« der Wissenschaftler an, die »in keinem Zusammenhang mit der wissenschaftlichen Arbeit steht« und »nicht durch irgendwelche Forschung begründet wird«. Über Leo Frobenius schreibt er, dieser sei »unzweideutig in der Ablehnung des Antisemitismus«. Wenige Zeilen zuvor hatte er noch selbst festgestellt, dass einige Zeichnungen von Frobenius in dessen Artikel über die Mulemba große Ähnlichkeit mit den antisemitischen Illustrationen im Stürmer hätten (4).

Ideologische Kontinuitäten
Neben den bereits beschriebenen personellen Kontinuitäten und der mangelnden Aufarbeitung der Fachgeschichte gibt es noch einen dritten Faktor, der das Verhältnis der Ethnologie zu ihrer Geschichte und Gegenwart prägt, nämlich dass sie sich in Teilen bis heute nicht von liebgewonnenen Untersuchungskategorien lösen möchte.
Besonders anschaulich lässt sich dies am Beispiel des »Wörterbuchs der Völkerkunde« illus­trieren, das Studierenden der Ethnologie regelmäßig als Nachschlagewerk empfohlen wird. Das Wörterbuch wurde mehrmals überarbeitet, rassistische Passagen dabei lediglich durch neue ersetzt. Im Eintrag »Rasse« der Auflage von 1965 heißt es: »Auch beim Menschen ist es im Laufe seiner Stammesgeschichte zur Bildung zahlreicher R. gekommen.« Im Eintrag »Rassenkunde« in derselben Auflage ist zu lesen: »Die heute merkmalsmäßig und methodisch stark verbreiterte wissenschaftliche Basis der R. hat im großen und ganzen (sic!) die Richtigkeit der älteren Rassensystematiken bestätigt. Allgemein anerkannt ist nach wie vor die Unterscheidung dreier Hauptzweige der gegenwärtigen Menschheit: Mongolide, Europide, Negride«. Unter dem Eintrag findet sich eine Literaturempfehlung für die »Rassenkunde und Rassengeschichte der Menschheit« (1934) von Egon Freiherr von Eickstedt, der als einer der einflussreichsten »Rassenkundler« des Nationalsozialismus gelten kann.
Nun könnte man auch diese Ausfälle damit abtun, dass die Welt in den sechziger Jahren eben noch eine andere, das Bewusstsein für Rassismus noch nicht so geschärft gewesen sei. Doch auch in der »grundlegend überarbeiteten« Ausgabe von 1999 findet sich zwischen »Rang­gesellschaft« und »Rastafari« der Eintrag »Rasse«. »Für Homo sapiens nimmt man traditionellerweise fünf Großrassen an (Khoisanide, Negride, Europide, Mongolide, Australide)«, ist da zu lesen, außerdem sei »zur Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft« das Rassenkonzept »missbraucht« worden. Deshalb gebe es in der zeitgenössischen Wissenschaft »Bestrebungen, den Begriff nicht weiter zu verwenden und ihn durch Termini wie Population, Phänotyp und Unterart (Subspezies) zu ersetzen«.
Ganz ähnlich argumentierte der Ethnologe Thomas Bargatzky in seinem Band »Ethnologie: eine Einführung in die Wissenschaft von den urproduktiven Gesellschaften« (1997). »Der Rassenbegriff wurde bekanntlich durch den Rassenwahn des Dritten Reiches gründlich diskreditiert«, schrieb er, und auch er forderte, den Begriff lediglich zu ersetzen: »Zwischen menschlichen Populationen bestehen freilich genetisch bedingte Unterschiede, die ihrerseits wieder Rückwirkungen auf die Entfaltung bestimmter Formen des Brauchtums haben«. Bargatzky verfasst auch Artikel für die rechtskonservative Junge Freiheit, in denen sich seine wissenschaft­liche Expertise auf geschmeidige Art mit seinen politischen Ambitionen verbindet. In einem Artikel aus dem Jahre 2006 (»Leitkultur und Patriotismus«) begründete er die Notwendigkeit ­einer deutschen »Leitkultur«: »Das Bekenntnis zur Nation ist die Antwort auf die Frage nach der deutschen Identität (…). Nur sie kann die Aufgabe lösen, in einer Zeit des verstärkten Migrationsdrucks den Bewohnern eines bestimmten staatlichen Gebildes, welchen ethnischen Hintergrund auch immer sie haben mögen, gewisse gemeinsame Überzeugungen und Orientierungen näherzubringen, ohne die ein Gemeinwesen nicht bestehen kann.«
Beispiel für eine besondere Form ideologischer Kontinuität ist die »tsiganologische« Forschung Bernhard Strecks, dessen Arbeit in der historischen Tradition deutscher »Zigeunerforschung« steht. Streck leitet das Leipziger »Forum Tsiganologische Forschung« und publiziert seit ungefähr 30 Jahren Artikel und Bücher zum Thema – und wird beinahe ebenso lang dafür kritisiert. Heftige Kritik erntete er beispielsweise vom Zentralrat der Sinti und Roma, der sich generell gegen die Verwendung des Begriffs »Zigeuner« ausspricht. Bei einem Vortrag in Berlin 2008 verließen mehrere Angehörige der Minderheit der Sinti und Roma aus Protest gegen seine diskriminierenden Äußerungen den Veranstaltungsort. Der Historiker Michael Zimmermann kam nach einer Analyse des Werkes Strecks zum Schluss, dessen Sprache stelle »bisweilen eine Apologie des Massenmordes« dar. Romani Rose warf Streck vor, »alte Rechtfertigungsthesen für NS-Verbrechen« erneut zu propagieren.
Streck behauptete in einem 1981 veröffentlichten Aufsatz, dem nationalsozialistischen Regime sei es um die »Beseitigung von Missständen, weniger von Personen« gegangen, und leugnete somit den eliminatorischen Charakter der Verfolgung (5). Einzelne Passagen in seinen Publikationen lesen sich, als entstammten sie den dreißiger Jahren, beispielsweise wenn er schreibt, die »Nichtzigeuner« seien »die Quellen des zigeunerischen Einkommens«. In einem Buch über die sudanesischen Halab schrieb er noch 1996 über die »rassische Besonderheit der sudanesischen Zigeuner«.
Auch heute noch fällt Bernhard Streck durch eine rege Publikationstätigkeit auf. In der ansonsten lesenswerten Reihe C.H. Beck Wissen ist nach mehrfachem Aufschub des schon lange angekündigten Publikationstermins jüngst ein neues Buch von ihm erschienen. Der Titel lautet »Zigeuner. Geschichte und Kultur«, unter anderem geht es darin um die »Geheimgesellschaften« und die »Schattenwirtschaft« der Sinti und Roma.

Weiterführende Literatur:
Eisheuer, Florian: Völkische Projektionen. Antisemitismus in der ethnologischen Afrikaforschung. In: »iz3w«, 317 (2010), S. 12–15
Fischer, Hans: Völkerkunde im Nationalsozialismus: Aspekte der Anpassung, Affinität und Behauptung einer wissenschaftlichen Disziplin. Berlin (u.a.) 1990
Geisenhainer, Katja: »Rasse ist Schicksal«: Otto Reche (1879–1966). Ein Leben als Anthropologe und Völkerkundler. Leipzig 2002
Michel, Ute: Neue ethnologische Forschungsansätze im Nationalsozialismus. Aus der Biographie von Wilhelm Emil Mühlmann. In: Lebenslust und Fremdenfurcht. Ethnologie im Dritten Reich. Hg. v. T. Hauschild. Frankfurt/Main 1995, S. 141–167
Seidler, Christoph: Wissenschaftsgeschichte nach der NS-Zeit: das Beispiel der Ethnologie. Die beiden deutschen Ethnologen Wilhelm Mühlmann (1904–1986) und Hermann Baumann (1902–1970). [Magisterarbeit; Philosophische Fakultät, Universität Freiburg i. Br. 2003]
Fußnoten:
(1) So geäußert von einer deutschen Ethnologie-Professorin am Rande einer Tagung in Halle im Jahre 2008. Es war die Reaktion auf die Frage des Autors nach den Verstrickungen der deutschen Ethnologie in die NS-Politik.
(2) Mühlmann verweist auf einen Aufsatz von Gerhard Teich, der 1942 in der Zeitschrift »Volk und Rasse« erschien und in dem die Vernichtung der Juden gefordert wird. Teich schreibt: »Da das Judentum seine Substanz aus einer entarteten Darstellung eines ganz bestimmten Erbelements erhalten hat, kann es weder als Rasse noch als Volk bezeichnet werden. Das Judentum ist degenerative Variante einer Komposition verschiedener Rassen, es ist eine volksähnliche Entartungserscheinung, es ist Scheinvolklichkeit.«
(3) Ein Vortrag des Autors über den Antisemitismus des Leo Frobenius wurde von einem wütenden Ethnologie-Studenten durch einen Schlag mit der Faust auf den Tisch unterbrochen: »Es ist nicht immer gleich alles antisemitisch oder rassistisch! Wir sind doch Ethnologen, wir sind Antirassisten!«
(4) Grundlage für das Urteil Fischers ist wohl der Vortrag »Der Konflikt der Kulturstile«, den Frobenius 1930 beim »Verein zur Abwehr des Antisemitismus« gehalten hatte. In diesem wandte er sich zwar einerseits tatsächlich gegen das »Problem des Antisemitismus«, reproduzierte aber zugleich antisemitische Stereotype in geballter Form. So schrieb er über jüdische »Untiere«, die »herumkriechen«, und behauptete, Juden kontrollierten Banken, Politik und Medien mit Hilfe ihres »rechenmäßig exakten Intellektualismus«. Einen Ort zwischen diesen Extremen – herumkriechende Untiere oder mächtige Lenker des Weltgeschehens – gibt es bei Frobenius nicht: »Der Jude als produzierender, stilentscheidender Mensch [sitzt] entweder oben an der Spitze (…) und leitet oder unten in der Tiefe und zerstört«.
(5) Die Frage, ob die Verfolgung rassistisch oder kriminalpräventiv begründet gewesen sei, war in der Bundes­republik ausschlaggebend bei der Entscheidung, ob den Überlebenden der NS-Verfolgung Entschädigungszahlungen gewährt wurden oder nicht.