Der politische Streit um Facebook-Partys

Der pubertierende Partygast

Einige Innenminister deutscher Bundesländer sehen die öffentliche Sicherheit durch sogenannte Facebook-Partys gefährdet und fordern ein Verbot.

Sie ist der Alptraum sämtlicher Elterngenerationen, die Beastie Boys haben ihr 1986 mit »(You gotta) Fight for your right (to party)« ein Denkmal gesetzt: Die eskalierende Teenager-Party. Der zum Lied gehörende Videoclip demonstriert eindrucksvoll das Ausmaß der Zerstörung, weder das elterliche Whiskey-Sortiment noch die Wohnungseinrichtung überleben die Feier. Eine solche Party sorgt eigentlich nur auf Schulhöfen, Elternabenden und bei Nachbarn, die das Rentenalter erreicht haben, für Gesprächsstoff.
Seit Thessa Geburtstag gefeiert hat, ist alles anders. Mittlerweile beschäftigen sich die Innenminister der Bundesländer mit dem adoleszenten Partyverhalten. Der Tag, an dem Thessa 16 Jahre alt wurde, wird in die Geschichte eingehen. Ihre Partygäste wurden von 100 Polizisten inklusive Pferdestaffel eskortiert, Medienvertreter aus der ganzen Republik wohnten dem Spektakel bei, die Gratulantenschar umfasste stolze 1 600 Teenager. Elf Feiernde wurden wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung und Widerstands gegen die Polizei vorübergehend festgenommen. Seit diesem sechzehnten Geburtstag ist die Pubertät keine leidige Privatangelegenheit mehr, sondern wird als Risiko für die öffentliche Sicherheit wahrgenommen.
Schuld daran hat Facebook, meinen die Innenminister. Die Schülerin hatte via Facebook zu ihrer Party eingeladen und vergessen, an der richtigen Stelle ein Häkchen zu machen, deswegen kamen mehr Gäste als geplant. In der Welt am Sonntag forderte der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) ein Verbot der sogenannten Facebook-Partys, schließlich gerate mit ihnen Sicherheit und Ordnung in Gefahr. Sein bayerischer Amtskollege Joachim Herrmann (CSU) pflichtete ihm bei, diese Partys seien schließlich »ein massives Sicherheitsproblem«. Unterstützung für diese lächerliche Idee erhielten die beiden Minister von den Polizeigewerkschaften. Man kann es ihnen nicht verübeln, auch Polizisten möchten samstagsabends vermutlich keine zusätzlichen Schichten schieben, um Geburtstagsfeiern von Schülern zu beaufsichtigen. Wozu gibt es schließlich Eltern?
Jedes schnöde Dorffest der Republik dürfte eine eindrucksvollere Schadensbilanz aufweisen als die Facebook-Partys, die in den vergangen Wochen stattfanden. Ein paar zerstörte Blumenkübel, ein paar betrunkene Teenager und laute Musik. Wer im Sound des Ghettoblasters schon eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit erkennt, ist paranoid. Solche Reaktionen kannte man bisher nur von »Familienoberhäuptern«, die ihren Kindern das Leben zur Hölle machen. Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) wollte sich zwar nicht für ein generelles Feierverbot aussprechen, ein Partybesuch gehöre schließlich irgendwie zur »Jugendkultur«. Sobald es »Hinweise« für eine Gefährdung gebe, müsse die Party jedoch sofort abgesagt werden. Seinen Kindern rate er, nicht zu einer anonymen Massenveranstaltung zu gehen: »Da weiß man nie, wer kommt.« Seinem Nachwuchs kann Jäger raten, was er möchte, aber anderen Teenagern sollten die Innenminister mit ihrer Panik vorm pubertierenden Partygast nicht den Geburtstag ruinieren.