Der Leo ist ein Softie

Die Amerikaner taufen ihre Waffensysteme auf die Namen ehemaliger hochrangiger Offiziere. Man muss nicht einmal einen Sieg errungen haben, um dieser Ehre teilhaftig zu werden. Der Abrams-Panzer verkauft sich gut, obwohl Creighton Williams Abrams die US-Truppen in Vietnam in den Jahren des Rückzugs von 1968 bis 1972 kommandierte. Für den Fall, dass der Kunde in eine ähnliche Situation gerät, verfügt der Abrams über zwei Rückwärtsgänge. In dieser Hinsicht unterscheidet er sich nicht vom Leopard 2, der, würde man in Deutschland amerikanischen Sitten folgen, Rommel heißen könnte. Obwohl dies als unschicklich gilt, beweist man mit der Vorliebe für Großkatzen doch Traditionsbewusstsein, denn Rommel stand im Wüstenkrieg der Tiger zur Verfügung. Dieser Panzer hatte sogar vier Rückwärtsgänge, aber auch das hilft nicht immer. In den Nachkriegsjahren war Panzerschrott das Hauptexportprodukt Libyens. Heutzutage wäre das bei vielen Modellen problematisch, denn die Panzerung des Abrams enthält Uran, das Fahrzeug müsste nach einem Abschuss als Atommüll endgelagert werden.
Der Leo hingegen ist ein uranfreier Öko-Panzer, er verbraucht wesentlich weniger Treibstoff als der Abrams. Erstaunlicherweise hat es die Bundesregierung bislang versäumt, den Verkauf von 200 Leopard-Panzern an Saudi-Arabien als Beitrag zum Klimaschutz zu preisen und auf deren Recyclingtauglichkeit hinzuweisen. Man darf allerdings annehmen, dass für die saudische Kundschaft andere Vorzüge ausschlaggebend waren. Über 315 Abrams-Panzer verfügt das Königshaus bereits, doch die US-Rüstungsindustrie hat die neuen Bedürfnisse der Kunden nicht erkannt. Anders die Deutschen. Die Nahost-Experten mögen vom »arabischen Frühling« nichts geahnt haben, bei Krauss-Maffei Wegmann aber plante man für »asymmetrische Bedrohungen«. Das von den Saudis bestellte Modell Leopard 2A7+ wurde für »urbane Operationen« entwickelt, es verfügt über ein »Räum­schild« zur Beseitigung von Barrikaden und sogar über »nicht-letale Bewaffnung«. Der Leo ist also der Softie unter den Panzern, auch das vergaß die Bundesregierng seltsamerweise zu erwähnen. Wenn die Untertanen renitent werden, kann König Abdullah es zuerst mit Tränengas versuchen, bevor er riskiert, durch den Einsatz der letalen Bewaffnung (zwei Maschinengewehre sowie eine Glattrohrkanone) Kollateralschäden an Shopping Malls oder Ölförderanlagen anzurichten. Er könnte es auch mit Reformen versuchen, aber schließlich ist man nicht König, um sich vom Pöbel herumkommandieren zu lassen. Mit der gleichen Sensibilität, die sie beim Panzerbau walten lassen, behandeln die Deutschen die saudische Monarchie. Georg Nüßlein (CSU) mahnt, man könne mit einem solchen Staat besser reden, wenn man »ihn nicht komplett ablehnt, sondern ihm auf Augenhöhe begegnet«. Oder auf Panzerturmhöhe.