Kühl, aber gewinnend

Jung, hervorragend ausgebildet, arbeitsam und mit bescheidenen Gehaltsvorstellungen – so sollten sie sein, die »Computerinder«, die Gerhard Schröder einst mit einer Green Card ins expertenarme Deutschland locken wollte. Der Plan ging nicht auf, dafür hat die Deutsche Bank bald so etwas wie einen Super-Computerinder als Vorstandsvorsitzenden.
Anshu Jain ist gerade mal 48 Jahre alt, also nur knapp über dem deutschen Altersdurchschnitt, hat einen MBA der renommierten University of Massachusetts Amherst und ist als Leiter des Investmentbanking der Deutschen Bank für 80 Prozent der Gewinne des Unternehmens verantwortlich. Als Vorstandsvorsitzender würde er sich sogar mit weniger Gehalt zufriedengeben. Der noch amtierende Vorstandsvorsitzende Josef Ackermann verdiente 2010 nur mickrige 8,8 Millionen Euro, 3,1 Millionen weniger als Jain.
»Smart« soll er sein, dieser Inder, »rhetorisch hochbegabt und blitzgescheit« und als Gläubiger des Jainismus »bildungsaffin und ehrgeizig«, wie Jainas eben so sind. Doch die Deutschen haben selbst an diesem Vorzeige-Inder etwas zu meckern. Er gilt als »kühl« und »unnahbar«, ist nicht drin in der deutschen Politik- und Bankenszene, lässt sich nicht auf Investmentbankerparties blicken. »Ich habe ihn noch nie getroffen, überhaupt ist er in der Bankenszene wenig bekannt«, meint ein Insider. Statt Mainhattan-Cocktails zu schlürfen, mit den »Merkels, Schäubles und Co.« zu schäkern und sich mal ganz frivol mit einer jungen Frau auf den Knien ablichten zu lassen wie Finanzvorstand Stefan Krause, schaut er lieber brav bei Frau und Kindern zu Hause in London Cricket-Spiele.
Die deutschen Tugenden der Geselligkeit und Klüngelei scheint er nicht zu verkörpern, und Deutsch spricht er auch nicht. Dabei geht es doch um die Deutsche Bank. Man sorgt sich außerdem darum, dass die kleinen deutschen Kunden vernachlässigt werden könnten. Als bessere Hälfte in der angestrebten Doppelspitze soll ihm daher Jürgen Fitschen an die Seite gestellt werden, ein bodenständiger Niedersachse. Er soll dem Neuen helfen, Freunde in der Szene zu finden und sich um die »heimische Wirtschaft« kümmern. Um die kleinen US-Amerikaner, die wegen fauler Kredite der einstigen Immobilientochter MortgageIT ihr Haus verloren haben – die Übernahme von MortgageIT fand 2007 unter Jain statt – kümmert sich die Deutsche Bank aber nicht. Sie wehrt sich zurzeit gegen mehrere Klagen in den USA.