Rauchen statt dampfen!

Rauchen ohne Strom

Elektrozigaretten sind ein teurer Modehype und nutzen nur den ohnehin feindseligen Nichtrauchermilizen.

Oh. Hm. Bäh. So lauteten – in Kurzform – meine Reaktionen, als ich vor ungefähr zehn Jahren in Norwegen zum ersten Mal Reklame für eine Art elektronischer Zigarette sah. Das Prinzip gefiel mir, jedenfalls auf den ersten Blick. Denn Nikotin allein ist schließlich schon Schadstoff genug. Dass die Begeisterung für das neue Rauchprinzip nicht sofort zum Kauf der Dinger führte, hatte verschiedene Gründe. Eine Terror-Nichtraucherin zu sein, gehörte definitiv nicht dazu. Obwohl es die damals schon gab – und zwar sogar in ihrer allerekligsten Form, nämlich in Gestalt von rund 25 Metern entfernt in einem Freiluft-Biergarten sitzenden Menschen, die so lange vorwurfsvoll husten, bis sie schließlich Blickkontakt zu den rauchenden Personen hergestellt haben und dann, wundersamerweise auf der Stelle vom zuvor noch so quälenden Reizhusten geheilt, zum großen, lautstarken und vollkommen unheiseren Lamento über Raucher-Rücksichtslosigkeit, Luftverpestung und generelle Unverschämtheit und so weiter und so fort ansetzen.
Nein, die Nichtrauchermilizen spielten keine Rolle in den Überlegungen, die zur mittelfristigen Bewertung »Hm« führten. Sondern der Preis: Die E-Zigaretten waren selbst für Norwegen, schon damals eines der reichsten Länder der Welt, unfassbar teuer. Das abschließende »Bäh« galt dann der Kombination aus Preis, moralinsaurer Produktreklame sowie dem Umstand, dass der Kampf gegen Nikotinabhängigkeit in praktisch jedem Land gleich geführt wird: Die Steuern auf Tabakprodukte werden stark erhöht, was für den jeweiligen Staat ziemlich praktisch ist, denn schließlich sind Raucher Süchtige, die nicht so ohne weiteres von ihrem Stoff lassen können. Dazu druckt man Warnungen und scheußliche bunte Bildchen auf die Zigarettenschachteln, was außerdem der Verpackungsindustrie zugute kommt, denn die kann sich dann umgehend daran machen, neue Etuis auf den Markt zu bringen, die zuverlässig jegliche staatliche Nachrichten auf den Verpackungen überdecken.

Dass es trotzdem noch Raucher gibt, scheint Politiker in aller Welt sehr zu wundern – aber nun ist sicher bald Schluss damit, denn in Australien kam man nun auf eine bahnbrechende Idee, die ganz sicher in Deutschland umgehend nachgeahmt werden wird: Zigarettenschachteln aller Marken sollen dort demnächst gleich aussehen, weil, weiß ja jeder, Raucher nicht etwa deswegen rauchen (oder damit angefangen haben), weil sie den Nikotinkick mögen, sondern weil sie so schrecklich gern bunte Packungen angucken. Auf die Idee, die vielen zusätzlichen Steuereinnahmen wenigstens zu einem Teil in die Entwicklung oder Subventionierung von Produkten zu stecken, die Rauchenden die Entwöhnung erleichtern oder die einfach nur weniger Schadstoffe als herkömmliche Zigaretten enthalten, kam dagegen noch niemand.
Und nun also kommt die Elektrozigarette. Keine Ahnung, was der Krempel mittlerweile kostet – die Idee an und für sich ist schon sehr eigenartig. Angetrieben werden die Dinger mit Lithium-Ionen-Akkus, die nach einem rund 13 gerauchten herkömmlichen Glimmstängeln entsprechenden Output mit Hilfe eines Ladegeräts aufgeladen werden müssen. Der aktuelle Ladezustand wird mittels einer Leuchtdiode angezeigt, die dank geschickter Platzierung überdies dafür sorgen soll, dass der Raucher den Eindruck einer glühenden Kippenspitze nicht vermisst. Wozu er aber wahrscheinlich sowieso nicht kommen würde, denn die im Internet verfügbare Gebrauchsanleitung ist ebenso lang wie kompliziert. Schließlich müssen die das Nikotin sowie die Aromen enthaltenden Depots regelmäßig befüllt werden, wofür es verschiedene Ansätze gibt, die für geübte Heimwerker aber sicherlich kein Problem darstellen.

Das ist alles ziemlich viel Aufwand für ein Produkt, das erklärtermaßen keinesfalls dazu geeignet ist, sich das Rauchen abzugewöhnen, sondern bloß etwas gesünder sein will als Zigaretten. Dass Nikotin-Pflaster und -Kaugummis schon erfunden sind und Lutscher prima gegen etwaiges Nuckelbedürfnisse helfen, ist den Fans der E-Zigarette aber sicher vollkommen egal. Denn, hej, beworben wird sie als »innovatives Lifestyle-Produkt«. Und außerdem beinhaltet sie »Qualität aus Deutschland«, yeah! Denn aufgefüllt werden die kleinen Nikotinbehältnisse nicht etwa irgendwo in Fernost oder so, nein nein, ein anerkanntes und professionelles und was nicht noch alles »deutsches Labor« kümmert sich um die ordnungsgemäßen Abläufe (ob der Inhalt nicht am Ende doch, erschreckender Gedanke, im Ausland hergestellt wurde, ist leider nicht bekannt). Oh. Hm. Bäh.