Bashar al-Assad verliert seine Freunde

Brutal, aber ineffizient

Trotz der Massaker dauern die Proteste in Syrien an. Auch Verbündete distanzieren sich nun vom Regime Bashar al-Assads.

Am Tag vor dem Beginn des Fastenmonats Ramadan ließ das syrische Regime die aufständische Stadt Hama mit Panzern stürmen. Unzählige Menschen wurden masskriert, mit besonderer Brutalität gingen die regimetreuen Shabiba-Milizen vor. Doch das Unternehmen zeitigte bislang nicht die erwünschten Resultate, die Demonstrationen gehen landesweit unvermindert weiter. Zudem sah sich nun sogar der UN-Sicherheitsrat genötigt, eine Resolution zu verabschieden, die zwar keinerlei Sanktionen androht, aber zeigt, dass selbst Russland und China die Geduld verlieren. Monatelang hatte man Assad signalisiert, eine Niederschlagung der Proteste zu dulden, solange sie nicht allzu blutig verliefe und von ein paar Bekenntnissen des Reformwillens flankiert würde. Es lag allein am Mut und Durchhaltewillen der Protestierenden in Syrien, dass diese Rechnung bislang nicht aufging.
Als Saddam Hussein vor 20 Jahren die Aufständischen im Südirak niedermetzeln ließ, schaute die Welt weitgehend ungerührt zu. Auch das iranische Regime konnte 2009 ungestört die Grüne Bewegung zerschlagen. Tödliche Effizienz zahlt sich eben aus. Wenn sich nun die »internationale Gemeinschaft« immer deutlicher vom Vorgehen des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad distanziert, so keineswegs, weil irgendwem das Schicksal der Syrer besonders am Herzen läge, sondern weil das Regime seine Unfähigkeit unter Beweis gestellt hat, für Stabilität, sprich Friedhofsruhe, zu sorgen. Überdies haben arabische Despoten immer wieder gezeigt, dass sie die von ihnen regierten Länder als ihr Privateigentum betrachten und lieber alles mutwillig zerstören, als ihre Posten zu räumen.
Dieses Szenario fürchtet man nun. Der Abnutzungskrieg des Regimes gegen die Demonstranten könnte zu einem Bürgerkrieg führen und das Land in einen failed state verwandeln. Syrien nimmt eine Schlüsselstellung im Nahen Osten ein, das ist auch den verbliebenen Alliierten Assads klar, die ihn deshalb umso solidarischer unterstützen. Kürzlich meldete der Fernsehsender al-Arabiya, sowohl iranische Revolutionsgardisten als auch Mitglieder der libanesischen Hizbollah hätten bei der Exekution von Deserteuren der syrischen Armee geholfen.
Ein Sturz Assads würde die bisherige iranische Nahost-Politik in Frage stellen, die Zukunft der Hizbollah hängt vom politischen Überleben ­Assads ab. Damit stellt sich jeder Demonstrant in Syrien, egal was seine persönlichen Motive sein mögen, faktisch gegen die wohl gefährlichste Allianz in der Region. Die todesmutigen Menschen auf den Straßen Syriens haben dem iranischen Hegemonialstreben größeren Schaden zugefügt als alle verhängten Sanktionen.
Sollte man im Iran allerdings zu der Überzeugung gelangen, dass Assad keine Zukunft hat, werden die dortigen Machthaber wohl alles unternehmen, um Syrien ins Chaos zu stürzen. Denn ein Bürgerkrieg ist für das iranische Regime immer noch eine bessere Option als ein stabiles System außerhalb seines Einflussbereichs. Entweder Assad oder das Chaos – dieser Drohung haben weder die USA noch Europa etwas entgegenzusetzen. Im Iran hingegen weiß man sehr genau, dass über die Zukunft des Nahen Ostens maßgeblich in Syrien entschieden wird.