Der Ruf der Heimat

»Coming Home« heißt eine neue Compilation-Reihe, die einem Genre zuzuordnen ist, das gerade ganz gut boomt: dem Musiker-als-Kurator-Sampler. Bei diesen Zusammenstellungen passiert eigentlich immer dasselbe: Ein bekannter Musiker stellt unter einem bestimmten Aspekt seine persönlichen Lieblingsstücke oder zumindest Songs, die er für wichtig hält, zusammen, und der geneigte Hörer erfährt so, wie es um die musikalische Sozialisation des Musikers bestellt ist, und erweitert gleichzeitig seinen eigenen musikalischen Horizont. Im ersten Teil der Reihe hat DJ Hell den Titel »Coming Home« ganz wörtlich genommen und ausschließlich Musik aus Deutschland präsentiert oder zumindest solche, in der Deutschland eine gewisse Rolle spielt. Der Hell-Sampler ist trotz der Beschränkung auf Deutsches sehr gut.
Nun hat das Berliner DJ- und Produzentenkollektiv Jazzanova aus Berlin einen Sampler kuratiert und kommt eher im musikalischen Sinne in seiner Heimat an. Ausgesucht wurde, was auch zu Hause gehört wird. Was bei einem Act, der sich im eigenen Werk auf Disco, Jazz, Elektronik, Soul und Brasil bezieht, logischerweise zu einem stilistisch weit verzweigten Ergebnis geführt hat. Man hört die Avantgarde-Disco von Arthur Russell, den idiosynkratischen Brasil-Folk von Joyce, Krautrock von Harmonia und Geschmacks-HipHop von den Roots. Macht alles Sinn, natürlich, und auch in der Zusammenstellung ergibt sich ein Fluss, der für gutes Durchhören sorgt. Dass Tracy Ullman mit dabei ist, wirkt zwar ein wenig überraschend, passt aber irgendwie auch ganz gut.

Jazzanova: Coming Home (Stereo Deluxe)