Small Talk

»Wir lassen niemanden im Regen stehen«

In der Universitätsstadt Göttingen gibt es 42 Studentenverbindungen mit schätzungsweise 800 Mitgliedern. Im Mai richtete der Asta Göttingen unter dem Titel »Falsch verbunden« ein Beratungstelefon für korporierte Studenten ein (Jungle World 23/11). Verbindungsstudenten können bei der Hotline über Themen wie elitäre Anforderungen, Schwulenfeindlichkeit oder Alkoholismus sprechen. Mittlerweile werden drei bis vier Fälle pro Woche bearbeitet. Eine Sprecherin des Außenreferats des Göttinger Asta erklärt den Erfolg des Sorgentelefons.

Gingen gestern Anrufe beim Beratungstelefon »Falsch verbunden« ein?
Momentan hat die Nachfrage eher abgenommen, aber natürlich sind jetzt auch Semesterferien. Kurz nach der Einführung hat das Telefon nicht stillgestanden. Wir gehen davon aus, dass das Angebot zu Beginn des neuen Semesters mit den doppelten Abiturjahrgängen und der zu erwartenden Wohnungsnot wieder stärker wahrgenommen wird.
Bei drei bis vier Anrufen in der Woche verliert die Göttinger ­Verbindungsszene doch recht schnell Mitglieder.
Es geht nicht nur um Aussteiger. Wir bieten auch Beratungsgespräche zu Themen wie Alkoholismus oder Hierarchien an. Das ist auch das Anliegen der meisten Anrufer. Das Beratungstelefon soll in erster Linie ein anonymes Gesprächsangebot darstellen.
Werden nach einem Anruf konkrete Schritte eingeleitet?
Das Telefonat ist nur ein erster Schritt, aber es wird auf jeden Fall weiterverwiesen, beispielsweise zur Psychosozialen Beratungsstelle des Studentenwerks. Das ist von Fall zu Fall verschieden, es geht aber zunächst erstmal um die Betroffenen selbst. Eine Lösung konnte bisher immer gefunden werden – wir lassen niemanden im Regen stehen.
Woher wissen Sie, dass es sich nicht um Scherzanrufe von Verbindungsstudenten handelt?
Wir können das natürlich nicht immer einschätzen. Aber es sind nur wenige Anrufer, die uns wirklich verarschen wollen. Erstmal nehmen wir alle Anrufe ernst, es wird niemals flapsig reagiert.
Wie sind denn die Reaktionen aus der Verbindungsszene?
In erster Linie wird das Angebot als Diffamierung des Verbindungswesens betrachtet. Auch Journalisten, die aus Verbindungszusammenhängen kommen, stieß die Hotline meist sehr negativ auf, was man auch an Artikeln in lokalen Göttinger Zeitungen sehen kann.