Die Krise der FDP

Der Neuanfang ist schon am Ende

Die FDP kommt nicht aus der Krise und zeigt zudem ein fragwürdiges Demokratieverständnis.
Von

In Berlin, wo Mitte September gewählt wird, hat die Piratenpartei die FDP in den Umfragen hinter sich gelassen. Die Liberalen dümpeln chancenlos bei 3,5 Prozent. In Mecklenburg-Vorpommern liegt die NPD mit 4,5 Prozent in den Umfragen vor ihr. Und bundesweit erreicht die Partei nach wie vor höchstens fünf Prozent. Das also ist die »neue FDP«, die ausgerufen wurde, nachdem man Guido Westerwelle vom Hof gejagt hatte?
Die ersten 100 Tage unter dem neuen Parteivorsitzenden und Wirtschaftsminister Philipp Rösler sind vergangen, ohne dass sich an der miesen Stimmung für die FDP etwas geändert hat. Das kann doch gar nicht sein, hat sich da Herr Rösler vermutlich gedacht. Er selbst hat doch so gut gearbeitet, hat dem Koalitionspartner Zusagen für Steuersenkungen abgerungen, einen Fünf-Punkte-Plan zur Stabilisierung des Euro vorgelegt. Woran also könnte es liegen, dass die FDP nicht aus der Krise kommt? Der Schuldige heißt einmal mehr Guido Westerwelle. Dass der als Außenminister einen miesen Job macht, weiß jeder. Und so schadet er immer noch dem Ansehen der FDP in der Öffentlichkeit. Das glaubt zumindest die FDP, und möglicherweise ist da ja etwas dran.
Als Westerwelle nun nach seiner Libyen-Stellungnahmen wieder einmal in die Kritik geriet, fiel ihm die Meute der »neuen FDP« reihenweise in den Rücken. Und auch die »alte FDP«. Gerhard Baum erklärte: »Man hätte im Frühjahr die Ära Westerwelle in der FDP auch personell konsequent beenden müssen.« Doch nun haben Rösler und die FDP-Spitze Westerwelle noch einmal ihr Vertrauen ausgesprochen. Spiegel Online schrieb: »Rösler gibt Westerwelle eine letzte Chance (…) Obwohl verärgert über dessen Libyen-Politik, will FDP-Chef Philipp Rösler den Außenminister nicht aus dem Kabinett jagen.« Und Rösler selbst erklärte in der Rheinischen Post: »Es war meine wohlüberlegte Entscheidung, uns mit diesem Team in der Bundesregierung zu bewähren, das gilt auch für den Bundesaußenminister.«
Die FDP gibt also Westerwelle eine letzte Chance, sonst wird sie einen neuen Außenminister bestimmen – so sieht das die FDP, und die Medien sehen das durchweg genauso. Wo ist der Verfassungsschutz, wenn man ihn braucht? Wer erklärt diesen Verfassungsfeinden, wie die parlamentarische Demokratie in Deutschland funktioniert? Nämlich so: Die Bevölkerung wählt ein Parlament, das Parlament wählt eine Kanzlerin, und die Kanzlerin schlägt dem Bundespräsidenten Bundesminister vor, die dieser ernennt und gegebenenfalls entlässt. Das müssen auch keineswegs Mitglieder der Regierungsparteien sein, die Kanzlerin könnte als Innenminister auch Oliver Kahn empfehlen, wenn sie wollte.
Dass sich die FDP einbildet, sie könne bestimmen, wer Minister wird, und dass fast alle Medien diese Sichtweise kritiklos übernehmen, zeugt von der Selbstherrlichkeit der Parteien, liegt aber auch daran, dass es tatsächlich so ist. Die Parteien suchen sich inzwischen ihre Minister selbst aus – so ist ja auch Rösler Wirtschaftsminister geworden. Fragt sich, weshalb die Bundeskanzlerin die FDP gewähren lässt und sich nicht um ihren Job kümmert. Zudem gehörte es sich im Sinne einer parlamentarischen Demokratie, dem Präsidenten die Entlassung des Außenministers vorzuschlagen, und zwar deshalb, weil er sein Amt als Minister schlecht ausübt, und nicht, weil er dem Ansehen einer kleinen Partei schadet.