Angela Merkels Besuch in Serbien

Nur wer folgsam ist, darf rein

Bei ihrem ersten Staatsbesuch in Serbien zeigte sich Angela Merkel wenig diplomatisch. Will das Land in die EU aufgenommen werden, muss es sich den deutschen Forderungen beugen. In Kroatien läuft hingegen alles nach deutschen Vorstellungen.

Die serbische Öffentlichkeit ist immer noch brüskiert. Nach den Auslieferungen der serbischen Generäle Ratko Mladic und Goran Hadžic an das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag hatte die serbische Regierung gehofft, Angela Merkel werde bei ihrem ersten Staatsbesuch konkrete Vorschläge für den baldigen EU-Beitritt des Landes. Doch die deutsche Kanzlerin präsentierte der Regierung des proeuropäischen Ministerpräsidenten Boris Tadic in der vergangenen Woche einen Forderungskatalog. Darin verlangte sie, Serbien müsse direkte Gespräche mit der Regierung des Kosovo führen, besser mit dem Personal der »Rechtsstaatlichkeitsmission« der EU (Eulex) – also mit den Polizisten und Zollbeamten der EU im Nordkosovo – zusammenarbeiten und die serbischen »Doppelstrukturen« im Nordkosovo abbauen, die mit den Institutionen der kosovarischen Regierung konkurrieren. »Deutschland hat das Kosovo anerkannt, Serbien tut das nicht. Das ist etwas, wo wir vorankommen müssen«, mahnte Merkel.

Viel Zeit, um die deutschen Forderungen zu erfüllen, bleibt Serbien nicht. Im Oktober ist in Brüssel eine Beratung über mögliche Beitrittsverhandlungen geplant. Auf dem EU-Gipfel im Dezember soll dann eine Entscheidung über den Kandidatenstatus Serbiens fallen. Dennoch wies Tadic die Forderungen zurück. »Die Unabhängigkeit des Kosovo akzeptieren wir nicht«, sagte er. Die serbische Zeitung Blic zitierte ihn mit den Worten: »Das Argument, dass serbische Institutionen im Norden des Kosovo aufgrund der Kriminalität aufgelöst werden sollten, ist nicht begründet. Das Ausmaß an Kriminalität im Rest der Provinz ist ungleich größer.«
Merkel sprach in Belgrad nicht nur mit Tadic. Noch vor den Konsultationen mit dem Ministerpräsidenten hatte sie sich mit der Witwe des 2003 ermordeten prodeutschen Politikers Zoran Djindjic und mit Stipendiaten der von deutscher Seite geförderten Djindjic-Stiftung getroffen, also einem Personenkreis, der größere Zugeständnisse an Deutschland befürwortet. Die deutsche Wirtschaft ist durchaus an einem EU-Beitritt Serbiens interessiert, sie erhofft sich so auch einen zollfreien Zugang zum Markt des traditionell mit Serbien verbündeten Russland.
Besser sind die Aussichten für die deutsche Wirtschaft in Kroatien. Dort machte Merkel am Tag vor ihren Gesprächen in Belgrad Station und ließ sich für den für Sommer 2013 in Aussicht gestellten EU-Beitritt feiern. Diesen knüpft die deutsche Regierung aber an weitere Bedingungen: die Eindämmung der Korruption und die rechtsverbindliche Garantie günstiger Investitionsmöglichkeiten. Ministerpräsidentin Jadranka Kosor sagte bei dem Treffen zu, Kroatien werde seine Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland erweitern, besonders in der Energiewirtschaft und beim Ausbau der Infrastruktur.

Derzeit investiert ein Konsortium unter Führung der deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau und der Europäischen Investitionsbank bereits 236 Millionen Euro in den Bau eines modernen Fähr- und Containerhafens in Zadar. Damit sichert sich Deutschland Einfluss auf den Handel in der Adria-Region. Die Deutsche Telekom ist mit 51 Prozent an der kroatischen Telekom beteiligt. Siemens spielt nach eigenen Angaben in den Sektoren Energie, Industrie und Gesundheit eine führende Rolle in der Wirtschaft des Landes. Der Stromkonzern RWE betreibt gemeinsam mit einem einheimischen Unternehmen ein Kohlekraftwerk in Kroatien, zeigt sich aber stark an weiteren Investitionsmöglichkeiten interessiert. Für den Herbst kündigte Merkel einen Besuch des Ostausschusses der deutschen Wirtschaft unter Leitung des Vorstandsvorsitzenden der Metro AG, Eckhard Cordes, an. Aus deutscher Sicht dürfte Kroatien also bereit für die EU sein.