Wenn Ordner resignieren

»Wer sich so verhält, ist kein echter Muslim, er ist gar kein Muslim!« Mit diesen Worten versuchte Jürgen Graßmann, der Mitorganisator des al-Quds-Marsches, auf dem Berliner Kurfürstendamm den aggressiven Mob von etwa 100 Jugendlichen zu beruhigen. Wirklich erfolgreich war er nicht. Zu Beginn bemühten sich die Ordner noch, Plakate und Flaggen von Gruppen wie der Hizbollah zu konfiszieren. Es kam zu einer handfesten Auseinandersetzung, weil ein Teilnehmer partout nicht auf das Zeigen der Hizbollah-Flagge verzichten wollte. Nach einer Rangelei setzten sich die sichtlich überforderten Ordner vorläufig durch. Doch nach der Hälfte der Marschstrecke gaben sie endgültig auf, nicht nur die Hizbollah-Fahne war danach zu sehen, es wurden auch antisemitische Sprechchöre wie »Tod den Juden« krakeelt, während die gut 800 Teilnehmer mit »Allahu Akbar«-Rufen die Befreiung Palästinas ankündigten. Als Böller in Richtung der Gegendemonstranten geworfen wurden, schritt die Polizei ein.
»Die sollte man alle an die Wand stellen, die haben hier nichts zu suchen.« Solche rassistischen Sprüche waren von Passanten ebenso zu hören wie der Versuch eines deutschen Alt-Nazis, den Aufmarsch der Islamisten zu rechtfertigen. Die meisten Touristen begnügten sich aber damit, Fotos zu machen, oder suchten verschreckt eine »sichere« Seitenstraße. Auch auf der Kundgebung »gegen Antisemitismus, Islamismus und in Solidarität zu Israel« gab es Ärger. Ei­nige Anhänger der rechtspopulistischen Partei »Die Freiheit« versuchten, die Veranstaltung für ihre Propaganda zu nutzen. Kaum erkannt, wurden sie des Platzes verwiesen. Unterschiede zur Veranstaltung im vorigen Jahr gab es kaum. Beim al-Quds-Marsch wurde der Nonsens vom »Holocaust im Gaza« aufgewärmt; auf der Gegendemonstration war schlechter israelischer Pop neben den üblichen Sprechchören zu hören. Es sah fast so aus, als drohe eine Stagnation im Diskurs »Islamismus, Rechtspopulismus und Antisemitismus«.