Die USA kritisieren den Umgang der EU mit der Krise

Mit Schäuble in die Hölle

Die Regierungen der EU und der USA streiten über die Maßnahmen gegen die Krise.

Auch EU-Politiker können manchmal sensibel sein. »Ich bin verletzt, wenn ich manche in anderen Teilen der Welt höre, die uns Europäern mit einem gewissen Paternalismus sagen, was wir zu tun haben«, sagte EU-Kommissionspräsident Manuel Barroso vergangene Woche vor dem Europa-Parlament in Strasbourg. Auch wenn er ihn nicht namentlich erwähnte, so war doch klar, dass Barrosos Empörung dem US-Präsidenten Barack Obama galt. Dieser hatte zuvor den EU-Staaten vorgeworfen, auf die Krise des Jahres 2007 nicht richtig reagiert zu haben. Europa habe sich seither nicht ausreichend um die Probleme des Bankensystems gekümmert. Daraus sei eine Krise entstanden, »die die Welt in Angst versetzt«.
Obama ist nicht alleine mit diesen Sorgen. Auf dem Jahrestreffen des Internationalen Währungsfonds (IWF) Mitte September verlangten vor allem die Vertreter der Schwellenländer schon fast panisch ein entschlossenes Handeln der Europäer. »Wenn die Euro-Zone niest, kriegt der Rest der Welt eine Erkältung«, meinte Raghuram Rajan, der ehemalige Chefökonom des IWF.
Tatsächlich ähnelt die Situation heute der Zeit kurz vor der Pleite der Bank Lehmann Brothers, auf welche die Finanzkrise folgte. Vor allem angesichts der Haltung der Bundesregierung wachsen weltweit die Zweifel, ob sich der Euro-Raum bald erholen wird. Sollte es zu einer Insolvenz Griechenlands kommen, dann würden wohl nicht nur viele europäische Großbanken in ernsthafte Schwierigkeiten geraten, sondern auch Spanien und Italien. Ein Crash im Euro-Raum hätte unmittelbare Folgen für die marode US-Wirtschaft – ein Albtraum für Länder wie China oder Brasilien, die auf die nordamerikanischen und europäischen Exportmärkte angewiesen sind.
Allerdings kann keine Regierung noch einmal so große Summen wie nach 2007 aufbringen, um bankrotte Banken zu retten und die Konjunktur zu stimulieren. So will die US-Regierung zwar 450 Milliarden Dollar ausgeben, um neue Jobs zu schaffen. Sie muss aber zugleich in den nächsten Jahren 1,5 Billionen Dollar einsparen.
Während Obama vermutlich nicht so kann, wie er gerne möchte, will die deutsche Regierung nicht, was sie eigentlich könnte. Konjunkturprogramme, Euro-Bonds oder ähnliche Maßnahmen lehnt sie entschieden ab. »Man kann Feuer nicht mit Feuer bekämpfen«, erklärte Finanzminister Wolfgang Schäuble kürzlich in Washington. Dabei hatte der Umstand, dass die Bundesregierung Griechenland lange Zeit nicht unterstützen wollte, die Krise erst eskalieren lassen. Längst gehen Anleger davon aus, dass Europa im Notfall auch Spanien oder Italien nur widerwillig zur Hilfe käme. Weshalb auch deren Anleihen kaum noch jemand kaufen will.
Manchen scheint Schäubles Sparsamkeit schon fast religiös motiviert zu sein. »In der deutschen Rhetorik liegt eine Art wütender Selbstgerechtigkeit«, räsoniert das britische Wirtschaftsmagazin The Economist. »›Schulden‹, das deutsche Wort für ›debt‹, kommt von ›Schuld‹, also ›guilt‹«, heißt es dort in Anspielung auf die Rede Schäubles. »Man konnte fast das Echo von Martin Luther hören, der den Ablasshandel verurteilte. Warum sollten Schuldner so einfach davonkommen?« Womöglich sollen sie in der Hölle schmoren. Und vieles deutet darauf hin, dass die Weltwirtschaft sich bereits auf dem Weg dorthin befindet.