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Daran kann man sich selbst noch gut erinnern. Immer im Herbst war es an den Unis so weit. Im Oktober wurde zu Streiks aufgerufen, im November wurde gestreikt, und immer kurz vor Weihnachten löste sich die Sache in Wohlgefallen auf. Die Studenten teilten sich in drei Gruppen: Die Aktivisten liefen während der Streiktage zur Hochform auf, verteilten Flugblätter, schwangen sich mit einem Megaphon auf irgendwelche Mauern und hielten Reden. Die Streber hockten sich in die leeren Bibliotheken und lernten für die nächste Prüfung. Nur die Totalverweigerer schliefen aus und gingen anschließend ins Café. Wenn gerade keine Streiks waren, machten sie auch nichts anderes.
Der Bildungsstreik von heute ist das Schwerpunktthema dieser Ausgabe. Was sich ändern soll und wer alles mitmacht, kann man auf den Seiten 3 bis 5 nachlesen.
Einer, der bei den Streiks nicht dabei ist, ist der legendäre letzte linke Student. Von dem bekannt ist, dass er sich kürzlich exmatrikuliert hat, um in die Wirtschaft zu gehen. War er am Ende ein BWLer? Sein Abgang jedenfalls hat bei Redakteuren, Autoren und Lesern dieser Zeitung hohe Wellen geschlagen. Die Freitagnachmittage im Dschungel-Ressort etwa sind nicht mehr das, was sie mal waren, seit der Student nicht mehr kommt. An seine Stelle ist das Kulturprekariat getreten. »Prekär und depressiv« heißt die neue Kolumne, die sozusagen die logische Fortsetzung des »letzten linken Studenten« ist.
Großartig jedoch ist, dass der Student schnell einen Schüler gefunden hat. Der Schüler ist genauso radikal und zornig, wie unser Student es war, und beherrscht sogar den legendären Doppelpunkt-Stil! Von Jakob Augstein ist die Rede. In seinem besonderen Notizbuch, dem Spiegel, notiert der letzte linke Publizist:
»Autos brennen, an Bahngleisen werden Brandsätze deponiert: In Deutschland glimmt die Lunte des Zorns – über eine Politik, die sich von der Macht der Märkte treiben lässt und so den Gesellschaftsvertrag einseitig kündigt.
Der kommende Aufstand geht von Berlin aus. Hier brennen die Autos. Hier werden die Benzinflaschen gefunden, die an den Gleisen liegen. Und wenn sie nicht rechtzeitig gefunden werden, wie im vergangenen Mai, dann bricht der Nahverkehr der Großstadt zusammen. Darum geht es: um den Zusammenbruch.
Um eines von vornherein klarzustellen: Gewalt ist keine Lösung.«
Und auch der Student hätte: es nicht besser sagen können.

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Dirndln in Dirndl. Als die Redakteurin und ihre Schwester mal Dirndl trugen, waren sie zwei Dirndln in zwei Dirndl, und niemand wollte aus den feschen Dirndln Gebetsteppiche machen. Dschungel # 43, Seiten 6 und 7