Linke Einbruchsicherung

Im Saal 115 des Berliner Landgerichts im Tegeler Weg prägen an diesem sonnigen Montagmorgen Dreadlocks, Piercings und zerschlissene Kleider das Bild. Auf der Holzbank an der hinteren Wand des kleinen Raumes reihen sich die Unterstützer des Werkstattprojekts »Linienhof« in Mitte, dem nach 20 Jahren freier Nutzung die Räumung droht. Im Sommer hatte die Eigentümerin, die neugegründete Firma Kles, die Schlösser des Linienhofs knacken lassen. Doch der einstweiligen Verfügung des Trägervereins »Kathedral« wurde stattgegeben. Seitdem wird fleißig weiter geklagt: Der Räumungsklage von Kles ging eine Besitzschutzklage des »Linienhofs« voraus. Um diese zu verhandeln, betritt nun ein Richter mit runder Brille den Gerichtssaal, dessen Grün die Atmosphäre der siebziger Jahre verbreitet. Die beiden Anwälte und der Vorsitzende klären in unverständlichem Juristendeutsch Stellungnahmen und Fristen. Durch ein Mikrophon gibt der Richter das Ergebnis zu Protokoll. Vor Beginn der Güteverhandlung, die ohnehin nicht zur Einigung der Parteien führen wird, schlägt der Vorsitzende ein Vergleichsverfahren vor. Es gilt also, einen Kompromiss zu finden, etwa die Werkstatt in die Bebauungspläne zu integrieren. Die Geschäftsführerin von Kles, Karin Schopp, verweigert sofort jegliche Verhandlungen. Sie habe die im Kaufvertrag verankerte Bebauungspflicht des Landes Berlin zu erfüllen. Der Anwalt der Gegenseite, Moritz Heusinger, sitzt lässig auf seinem Stuhl, versichert die Verhandlungsbereitschaft seiner »sehr demokratisch organisierten Mandanten« und bietet an, Frau Schopp von ihren Fesseln zu befreien. Er sei mit dem Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) schon im Gespräch. Sogleich kontert Schopp, der Herr Rechtsanwalt überschätze sich, sie habe schließlich Verbindungen zur CDU. So werden die Koalitionsverhandlungen in Berlin ausschlaggebend für eine kleine Werkstatt. Oder wie es der Richter zu Beginn der Verhandlung formulierte: Es geht eigentlich um die Frage, ob solche Projekte politisch gewünscht seien.