Alles ist ungesund

Berlin soll nicht nur reiche und arme, sondern auch gesunde und kranke Bezirke haben. Kreuzberg zum Beispiel soll ein armer und kranker Bezirk sein, in dem zu viel geraucht und zu früh gestorben wird. Gut, dass man im letzten Jahr aus Kreuzberg weggezogen und im gesunden Zehlendorf gelandet ist. Statistisch gesehen ist man nach dem Umzug fitter als vorher und hat lebenszeitmäßig ein paar Jahre dazugewonnen. Beim Renovieren der neuen Wohnung hat man sich zwar eine gemeine Schulterverletzung zugezogen, die sich aber irgendwann auch wieder bessern wird. Statistisch ist man jetzt reicher, real aber deutlich ärmer geworden. Auf jeden Fall stimmt der BMI. Null Übergewicht. Woher auch? Die Mieten sind hoch hier, und Essengehen kann man sich im Bezirk der Besserverdienenden schon gar nicht leisten. Unter Hirsch­gulasch zu 21,50 Euro läuft hier wenig und Currywurstbuden sind in der Gegend völlig unbekannt. Was es auch nicht gibt, sind Bars, Cafés oder Kneipen, in die man sich reinhocken könnte, um was zu trinken oder sich zuqualmen zu lassen. Man beginnt hier automatisch damit, sich im Freien zu bewegen und Sport zu treiben, so wie das alle hier machen, joggen, walken, spazierengehen, eben lauter gesunde Sachen. Neulich hat man im Unterholz etwas Großes gesehen, das dunkel, wild und borstig war, und hat sich dann doch gefragt, ob man hier nicht vielleicht in einem Hochrisikobezirk gelandet ist und sich sehr ernsthafte Sorgen um seine Gesundheit machen muss.