»Verkörpert den Spielverderber«

Am Samstag versuchte Babak Rafati, ein Schiedsrichter in der Fußball-Bundesliga, sich selbst zu töten, seine Assistenten konnten ihn retten. Nun wird in den Medien darüber spekuliert, welchen Einfluss die Belastung als Schiedsrichter auf Rafatis Handeln hatte. Unser Autor Alex Feuerherdt war von 1985 bis vor kurzem als Schiedsrichter tätig, ist nun Schiedsrichterbeobachter und beschreibt seine Sicht auf die Tätigkeit.

Welche besonderen Schwierigkeiten hat ein Schiedsrichter?
Die besondere Herausforderung liegt darin, 22 Leute unter Kontrolle zu behalten. Bei einem Spiel mit zwei Mannschaften und nur einem Gewinner besteht ein permanenter Interessenkonflikt, zumindest für eine Mannschaft verkörpert der Schiedsrichter immer den Spielverderber.
Hat der vermeintliche Spielverderber mit zornigen Reaktionen zu rechnen?
Bei jedem Spiel. Etwa damit, dass einem gedroht wird, später auf dem Parkplatz eine aufs Maul zu kriegen, oder dass die Zuschauer einem sämtliche Todesarten wünschen. Aber in den ganzen Jahren ist mir nie etwas Schlimmeres passiert, als angespuckt zu werden.
Würden Schiedsrichter durch Videobeweise entlastet?
Ich glaube, das würde nicht viel nützen. Außerdem gehören Fehler einfach zum Sport. Die Spieler schießen Fehlpässe und die Schiedsrichter pfeifen mal falsch. Ohne Fehler verliert das Spiel seine Emotionalität. Und worüber sollen die Fans anschließend diskutieren, wenn nicht über die Schiedsrichterfehler?
Du hast also keine Verbesserungsvorschläge?
Da bin ich echt erzkonservativ. Aber den Fortschritt, dass Assistenten und Schiedsrichter in Funkkontakt stehen, unterstütze ich. Das sind technische Hilfsmittel, die finde ich gut. Sonst würde ich eher auf einer anderen Ebene ansetzen.
Auf welcher Ebene denn?
Ab einer bestimmten Liga und teilweise in den Amateurklassen gibt es Schiedsrichterbeobachter. Gerade im Aus- und Fortbildungsbereich wäre es eine Bereicherung, wenn Schiedsrichter eine Ansprechperson hätten. Besonders die jungen Schiedsrichter, die erst 13 oder 14 Jahre alt sind, sollten intensiv betreut werden. Einige hören rasch wieder auf zu pfeifen, weil sie der Sache nicht gewachsen sind oder schlicht keine Lust haben, sich beschimpfen zu lassen. Deswegen wäre es sehr wünschenswert, wenn eine Art fachliche und psychologische Unterstützung für Schiedsrichter flächendeckend eingeführt würde.