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Berlin ist nicht gerade dafür bekannt, mit einem Talent für vorweihnachtliche Idylle gesegnet zu sein. Dass die Adventszeit begonnen hat, merkt man höchstens am grell blinkenden Leuchtschmuck, mit dem es dem Nachbarn immerhin gelungen ist, eine glaubwürdige »Fear and Loathing in Las Vegas«-Atmosphäre zu zaubern.
Wenn man aus den Fenstern unserer Redaktionsräume in Kreuzberg blickt und vor lauter grauem Novembernebel nicht einmal mehr die Sommerdachterrasse auf dem Haus gegenüber erkennen kann, kommt man allerdings auf die Idee, dass ein bisschen mehr Glanz in der Hütte vielleicht auch hier nicht ganz so schlecht wäre. Unserer Kollegin vom Layout muss es ähnlich ergangen sein. Im Unterschied zu uns weiß sie allerdings auch, wie man dem Problem Abhilfe schafft: Man besorgt sich goldenes Lametta. Das schmückt mittlerweile, natürlich sehr dezent, den Produktionsraum. Wenn man höflich darum bittet, wie der Kollege vom Lektorat, darf man sich auch einen Metallstreifen abreißen, um den eigenen Arbeitsplatz zu verschönern. Um diejenigen, die das Gefühl haben, ihr Novemberblues müsse mit stärkeren Mitteln bekämpft werden, kümmert sich der Redakteur, zu dessen Verwandtschaft der Besitzer einer Likör-Destillerie gehört. Mit aufmunternden Worten serviert er denen, die besonders deprimiert dreinschauen, eine medizinisch vertretbare Ration aus seinen Beständen. Falls Sie, liebe Leser, nun befürchten, diese kleinen Maßnahmen zur Verbesserung der eigenen Befindlichkeit könnten dazu führen, dass wir bald im Kreis sitzen, um gemeinsam »O du fröhliche« anzustimmen, und darüber das Elend dieser Welt vergessen, können wir Sie beruhigen: So gedankenlos sind wir dann doch nicht.
Ein Blick auf die Themen dieser Ausgabe dürfte auch die Skeptiker unter Ihnen überzeugen. Wir berichten über den Widerstand gegen den Walfang und die Castor-Transporte. Wir beschäftigen uns mit dem Krieg in Afghanistan, der seit zehn Jahren andauert, dem Bundeswehreinsatz und der Afghanistan-Konferenz, die in der kommenden Woche in Bonn stattfinden wird. Und wir erinnern an Georg Kreisler, der in der vorigen Woche gestorben ist.