»Was sind das für Menschen?«

Die Linkspartei hat eine Anfrage zur laufenden Volkszählung an die Bundesregierung gestellt. Aus der Antwort geht hervor, dass fünf Monate nach dem Stichtag immer noch fast vier Millionen Fragebögen aus dem Bereich der Gebäude- und Wohnungszählung nicht zurückgesendet wurden. Die Jungle World sprach mit Michael Ebeling vom »Arbeitskreis Zensus«, der zum »AK Vorratsdatenspeicherung« gehört.

Was bedeutet eine »Rücklauf-Fehlquote« von über 15 Prozent für die Erhebung?
Aus Statistikersicht ist das eigentlich nicht tragbar. Aber vor allem ist es bemerkenswert, weil sonst immer der Eindruck vermittelt wird, alle würden bei der Erhebung mitmachen.
Ist das nicht ein Grund zur Freude für die Kritiker?
Man kann das so sehen. Man könnte aber auch sagen, dass die Fehlquote noch viel zu gering ist.
Haben wir es hier mit einem stillen Boykott zu tun?
Sicherlich werden da auch eine Menge Bögen im Werbemüll gelandet sein. Bei diesen speziellen Befragungen wurden die Leute nur per Post angeschrieben. Der Druck ist natürlich ein anderer, wenn jemand vor der Tür steht oder ständig anruft.
Müssen die Leute mit Sanktionen rechnen?
Rein rechtlich ja. Sanktionen sind jedoch bisher nicht bekannt. Allerdings haben manche Bundesländer angefangen, eine letzte Fristsetzung zu versenden.
Wen meint Ihr Arbeitskreis, wenn er von zweifelhaften Volkszählern spricht?
Man weiß ja, dass die NPD ihre Leute dazu aufgerufen hat, sich bei der Zählung zu engagieren, um an Informationen über manche Leute zu kommen. Dass dem noch nicht einmal nachgegangen wurde, ist ein Problem. Da spielt auch mit hinein, dass sich vielerorts nicht genug Leute beworben haben. Dadurch ist es gar nicht gewollt, dass Leute aussortiert werden.
Und was hat es mit den »tratschfreudigen Dorfbewohnern« auf sich?
Es gibt Berichte, dass in kleineren Orten einzelne Menschen die komplette Gemeinde befragen sollen, Leute, die als besonders redselig bekannt sind. Es ist natürlich nicht Ordnung, wenn diese etwas darüber verraten, was sie im Rahmen der Befragung erfahren haben. Außerdem ist es theoretisch möglich, dass die ausgefüllten Bögen wochenlang bei den Volkszählern im Wohnzimmer herumliegen. Wer weiß, wer da noch so alles reinschaut. Ich frage mich auch ganz generell, was das für Menschen sind, die sich freiwillig melden, um andere so privat auszufragen.