Diskrete Solidarität

Die Ikonographie ist eindeutig, die Sympathielage auch: Auf dem »Palästinensische Solidaritätstag«, der am Abend des 2. Dezember in der Technischen Universität Berlin stattfindet, wird nicht mit heftiger Bildsprache gegeizt. Ariel Sharon steht mit der Pistole in der Hand grinsend über der Leiche von Mohammed al-Dura, ein blutbeschmierter israelischer Arm schüttelt einem amerikanischen Arm die Hand. Es ist nicht verwunderlich, dass man es vorzieht, unter sich zu bleiben – trotz des großen organisatorischen Aufwands. Sowohl der Knessetabgeordnete Ahmad Tibi (»Siedler sind zweibeinige Tiere«) als auch Marwan Barghoutis Frau Fadwa wurden eingeflogen, auf eine deutsche Übersetzung wird indes verzichtet. Allzu abträglich wäre es dem Bild einer gemäßigten Palästinasolidarität, wenn der Applaus der 200 Teilnehmer für den Hamas-Gründer Scheich Yassin oder den Hizbollah-Führer Hassan Nasrallah zu weit in die deutsche Öffentlichkeit dringen würde. Entsprechend spärlich ist auch das zwischen palästinensischem Politkitsch ausliegende Informationsmaterial: Gerade einmal zwei Broschüren sind auf Deutsch erhältlich, eine davon datiert vom Jahr 1992. Die Veranstalter geben sich zurückhaltend. Obwohl auch hier ein beeindruckender finanzieller Aufwand zu erkennen ist – sämtliche Mitglieder der Organisation stehen permanent über Funk in Kontakt –, gibt man dem Besucher die Antwort, man sei erst kurzfristig in die Organisation hineingerutscht, und verweist auf den Vorsitzenden des Palästinensischen Studierendenvereins. Man erhält mehr Umarmungen als Antworten und schließlich immerhin das Bekenntnis, dass man die Koalition aus Fatah und Hamas für eine adäquate Vertretung der palästinensischen Bevölkerung hält: Es sei nun Einheit gefragt. Dass man es bei der Technischen Universität für geboten hält, Freunden von Hamas und Hizbollah ein Forum zu bieten, könnte andernorts als Skandal gehandelt werden – in Berlin gilt es wohl allenfalls als Beleg für Pluralismus und Dialogbereitschaft.