Freude im Alter

Man wird nicht jünger. Das wäre an sich halb so wild. Aber man wird auch nicht reicher. Wo das enden könnte, zeigen die regelmäßig eintreffenden Briefe der Deutschen Rentenversicherungsanstalt. Stets wird mir neben der Zeile »Höhe Ihres zukünftigen Rentenbetrags« ein monatliches Taschengeld in Aussicht gestellt, für das Teenager auf dem Pausenhof ausgelacht würden. Noch dazu nimmt der Betrag mit der Zeit eher ab als zu. Um nicht unter einem Grabstein mit der Aufschrift »Er war alt und dauernd pleite« zu enden, den ich mir mit meiner Taschengeldrente wahrscheinlich nicht einmal leisten könnte, habe ich mir nun einen rettenden Plan zurechtgelegt: Ich trete im Alter von 65 Jahren einem katholischen Orden bei und werde Mönch. Ums Wohnen und Essen müsste ich mir dann keine Sorgen mehr machen. Und neben der Befriedigung der Grundbedürfnisse wäre ja auch für den Geist einiges geboten: erbaulicher Chorgesang, imposante Orgelmusik, endlich Zeit für das viel zu lange aufgeschobene kritische Bibelstudium. Mit etwas Glück könnte ich in einem Orden landen, der Bier braut oder Wein anbaut. Vorsicht ist allerdings bei kontemplativ-eremitischen Orden geboten: Kartäuser oder Zisterzienser strenger Observanz schweigen sich ja nur an, das schlägt wahrscheinlich vor allem im Alter aufs Gemüt, könnte ich mir vorstellen. Weniger Bedenken hätte ich dagegen bei Ordensbrüdern, die jeglichem persönlichen Besitz entsagt haben. Denn selbst in einem Bettelorden lebt es sich wahrscheinlich opulenter denn als mittelloser, alter Kulturprekärer.