Es ist Reha, Baby

Zwischen den Jahren ist die Zeit, in der man darüber nachdenkt, was sich im Leben ändern soll. Bei mir endet es meistens mit dem Vorsatz, mehr Sport zu treiben. Natürlich bleibe ich realistisch, Brutalitäten wie das Training für den Stadtmarathon stehen nicht zur Debatte. Mein Sport soll nett sein, nicht zu anstrengend, was zum Wohlfühlen, also Yoga.
Es fängt gut an, schon der dritte Treffer bei Google kommt meinen Vorstellungen sehr nahe. Ein Studio mit glänzendem Parkett, großzügigem Spa-Bereich, ganz in der Nähe meiner Wohnung. Der Besuchstermin hält, was versprochen wurde, abgesehen von den Gebühren. Das einzige Angebot, das mich nicht unmittelbar in den Ruin treiben würde, ist an einen Dreijahresvertrag gebunden. Kurz bevor ich aufgeben möchte, kommt die Erleuchtung: Reha-Sport. Klingt gesund und vernünftig, also fast wie Yoga. Und die Krankenkasse übernimmt die Kosten.
Vor dem ersten Termin kaufe ich mir eine schicke Jogginghose, eine völlig überflüssige Investition. Die anderen Teilnehmer sind im Schnitt 25 Jahre älter als ich, hier ist man schon cool, wenn man mit durchgestreckten Beinen seine Zehenspitzen berühren kann. Klappt bei mir auf Anhieb. In meiner Reha-Gruppe bin ich der Star, es gibt bewundernde Blicke und anerkennendes Raunen. Viel besser dürfte sich ein Yoga-Kurs auch nicht anfühlen, denke ich. Bis mir jemand (männlich, 60, Bandscheibenvorfall) eine Postkarte mit Kuhflecken-Muster überreicht: »Würden Sie mich zu einem Foxtrott-Abend begleiten?« Es ist nicht Yoga, es ist nicht mal beinahe Yoga, es ist Reha.