Katastrophen-Tourismus 2.0

Als am 11. März 2011 in Japan die Erde bebte und einen Tsunami auslöste, war das erst der Anfang einer Katastrophe, die wochenlang die Schlagzeilen beherrschen sollte. Heute können die Zerstörungen abseits des Kernkraftwerks von Fukushima online besichtigt werden. Google schickte vor einigen Monaten die Kamerafahrzeuge des Streetview-Programms in die Unglücksregionen und revolutionierte damit die Dokumentation von Katastrophen. Zu sehen sind die Bilder nun auf Streetview in den Google Maps ebenso wie auf einer eigens eingerichteten Website, die Google »Memories of the Future« nennt. Unter http://www.miraikioku.com/streetview/en/ kann jeder vergleichen, wie es in den betroffenen Gebieten vor und nach der Katastrophe aussah und sich so selbst ein Bild vom Ausmaß der Zerstörung machen.
Ob eine solche Dokumentation von Katastrophengebieten wirklich sinnvoll ist, wird in den folgenden Wochen erst noch diskutiert werden müssen. Denn es dürfte allein schon wegen der schieren Datenmenge schwierig sein, alle entstandenen Bilder redaktionell zu überprüfen, niemand weiß, was die Kameras alles aufgenommen haben. Andererseits könnten so aber auch die Erinnerungen an die Katastrophe erhalten bleiben. Noch Jahre später kann genau Einsicht in die Szenerie genommen werden. Dass die Atomkatastrophe völlig ausgeblendet wird – Radioaktivität in hoher Konzentration könnte höchstens als Bildstörung zu sehen sein –, ist jedoch ein Problem. Einen Geigerzähler spazieren zu fahren, hätte aber eben auch nichts über die tatsächliche Verstrahlung ausgesagt. Diese wird schließlich mit Hilfe von Boden- und Pflanzenproben gemessen. Und so besichtigt man eine Katastrophe ohne ihre schlimmsten Folgen.