Rauchpause

Berlin Beatet Bestes. Folge 127. Slade: Merry Xmas Everybody (1976).

Das Jahr geht langsam zu Ende und wie immer bedeutet das mehr Arbeit für jeden. Alles soll noch schnell fertiggemacht werden. Weihnachtsstimmung kommt auf diese Weise nicht auf. Auch weil es draußen gerade eher herbstlich als winterlich ist. Wo bleibt der Schnee? War 2011 nun ein gutes Jahr? Keine Ahnung, es ging zu schnell vorbei. Alles, was mich berührt hat, war in diesen Kolumnen mehr oder weniger nachzulesen. Mir ist es wohl recht gut ergangen. Jedenfalls hatte ich keine Rezessionspanik und auch keine Angst vor Terror. Coachen lassen musste ich mich auch nicht. In meinem Bekanntenkreis gibt es mehrere Personen, die zu so einem Coaching gehen. Es scheint eine Mode für Menschen in mittlerem Alter und mit höherem Einkommen zu sein. Was da genau bequatscht wird, weiß ich nicht. Vielleicht könnte ich ein Coaching ja sogar gebrauchen, vielleicht würde dann mein »Business« viel besser laufen? Vielleicht wäre ich mit Coaching zielstrebiger und erfolgreicher? Vielleicht würde ich mehr Geld verdienen? Dann würde mich ­allerdings die Panik vor der Rezession auch mehr betreffen. Ich hätte Angst, dass der Euro abstürzt und mein ganzes schönes Geld sich in Luft auflöst. Da ich kein Geld habe, habe ich auch keine Angst, es zu verlieren. Mir geht’s also ganz gut, und gesund bin ich auch.
Apropos Gesundheit: Habe ich an dieser Stelle schon mal erwähnt, dass ich Quartalsraucher bin? Seit vielen Jahren rauche ich nur im Frühling und Sommer. Dann aber auch wie ein Schlot. Anfang Oktober ist aber Schluss mit dem Gequalme. Ob ich dann tatsächlich wieder aufhören kann, weiß ich nie. Aber dann geht es doch. Hilfreich ist dabei jedes Jahr die Reise mit der Redaktion der Jungle World, die ich fast immer mitmache. Nach zehn Tagen unterwegs mit 15 Kettenrauchern sind wir alle hoffnungslos überdosiert. Irgendwie fetzt die nervöse Exzessivität, aber zuletzt zeigten die zwei Schachteln Zigaretten am Tag auch ihre Nebenwirkungen. Meine Lunge hat nach jeder dieser Reisen so gepfiffen, dass ich dachte, sie hätte ein Loch. Atemnot und starker Husten behinderten mich beim Sprechen. Rauchen machte nach diesen Trips einfach keinen Spaß mehr.
Die Tage nach der Rückkehr von den Reisen sind also ideal, um aufzuhören. Von heute auf morgen kaufe ich keine Zigaretten mehr und stelle das Rauchen ein. Im Herbst und Winter freue ich mich dann immer über meine neugewonnene Vitalität. In den vierten Stock laufe ich wieder ohne Mühe und beim Tanzen muss ich auch keine Pausen mehr einlegen. Das entwürdigende Rauchen draußen in der Kälte fällt praktischerweise auch weg. Sobald sich allerdings die ersten Sonnenstrahlen des Frühlings bemerkbar machen und man wieder draußen sitzen und ein Alster trinken kann, habe ich auch wieder Lust zu rauchen. Alkohol und Zigaretten gehören einfach zusammen. Die erste Zigarette schmeckt nie, nach der zweiten aber macht es schon wieder Spaß. Herrlich ist es, in der Sonne zu sitzen und sich zu verschwenden. Die Geste des Rauchens ist sowieso unersetzbar. Meine nächste Zigarette werde ich dennoch erst im April rauchen. Aber jetzt erstmal mit Slade: »Merry Xmas Everybody«!