»Deutschenhass« und wirklicher Rassismus

Zum Wohle des Volkes

Straftaten, die Migranten an Deutschen verüben, können schärfere Sanktionen nach sich ziehen, wenn als Motiv ein sogenannter Deutschenhass unterstellt wird. Geht es um wirklichen Rassismus, ist das Strafrecht zurückhaltend bis ignorant.

Das Landgericht Berlin hat vor zwei Wochen vier Jugendliche wegen versuchten Mordes zu hohen Haftstrafen verurteilt, nachdem diese im Februar des vergangenen Jahres zwei 30jährige Berliner am Bahnhof Lichtenberg angegriffen und einen der Männer bis zur Bewusstlosigkeit geschlagen hatten. Die Staatsanwaltschaft, deren Antrag und Begründung sich das Gericht weitestgehend anschloss, hatte den Tätern einen »Hass auf Deutsche« unterstellt und deshalb eine besonders empfindliche Strafe gefordert. Sie hatte damit ein Phänomen untermauert, das seit geraumer Zeit durch die Gazetten geistert: die sogenannte Deutschenfeindlichkeit.
Dabei ist weder klar, was unter dieser Deutschenfeindlichkeit zu verstehen ist, noch existieren valide empirische Erkenntnisse, sondern allenfalls ein paar vage »Erfahrungsberichte« aus der gerichtlichen Praxis. Ohnehin verfolgt die Debatte nicht den Zweck, die Realität zu ergründen: Die Rede von der Deutschenfeindlichkeit ist selbst rassistisch, indem sie eine Bedrohung der deutschen Bevölkerung durch »fremde Migranten« kreiert. Umso skandalöser ist es, dass rassistische Motive von Straftaten an Migranten weiterhin nur sehr zurückhaltend sanktioniert werden.
Ein EU-Beschluss von 2008, wonach rassistische Beweggründe bei Straftaten strafverschärfend berücksichtigt werden sollen, wird noch nicht im deutschen Recht umgesetzt. Zahlreiche Gerichte und Staatsanwaltschaften neigen dazu, derartige Beweggründe bei der Klärung von Sachverhalten schlicht zu ignorieren. Das Jugendgericht Stendal etwa stellte im Februar vorigen Jahres gegen geringe Auflagen ein Verfahren gegen drei Jugendliche ein, die einen 29jährigen mit den Worten »Du Scheißneger, geh’ zurück in dein Affenland!« beleidigt und anschließend im Gesicht verletzt hatten – den Motiven der Täter schenkte das Gericht keine Beachtung.
Auf diese Weise scheint die Justiz ihren genuinen Auftrag zu erfüllen: Indem sie eine Bedrohung der Mehrheitsgesellschaft konstruiert und deren Rassismus elegant verschleiert, handelt sie zum Wohle des Volkes, zu dem jedoch nur Deutsche ohne Migrationshintergrund gezählt werden. Dass Justitia nicht blind ist, sondern eine rassistische Brille trägt, ist nichts Neues. Während eine Tötung in Form eines von Muslimen begangenen sogenannten »Ehrenmordes« völlig zu Recht strafverschärfend behandelt wird, beruhen Tötungen aus »normaler Eifersucht« nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dann nicht auf niederen Beweggründen, wenn die Eifersucht nachvollziehbar erscheint – obwohl beide Phänomene auf ein patriarchal geprägtes Besitzdenken der Täter zurückzuführen sind.
Warum also nicht gleich auch rassistische Motive, die gemeinhin als »fremdenfeindlich« bezeichnet werden, strafmildernd und zugunsten der Täter berücksichtigen? Denn kann es nicht auch nachvollziehbar sein, Angst vor »Fremden« zu haben? Liebe Vertreter der deutschen Justiz: Warum sind Sie noch nicht selbst auf diese Idee gekommen?