Über Konflikte im Südsudan

Rat vom Fachmann

Der sudanesische Präsident Omar al-Bashir bietet Libyen Hilfe an, nachdem er sein eigenes Land ruiniert und gespalten hat.

Man könnte es als unfreiwilliges Geständnis werten. »Ungerechtigkeit, Aggression und Gewalt haben zur Teilung des Sudan geführt«, sagte Omar al-Bashir bei seinem Besuch in Libyen in der vergangenen Woche. Der sudanesische Präsident sprach allerdings nicht von seiner eigenen Politik, die Vorwürfe galten der damaligen bewaffneten Opposition. Diese sei von Muammar al-Gaddafi unterstützt worden, deshalb danke er den Libyern für dessen Sturz.
Als die beiden Putschisten im Jahr 1990, kurz nach Bashirs Machtübernahme, über eine Vereinigung Libyens mit dem Sudan verhandelten, waren viele Libyer noch nicht einmal geboren. Weniger lange liegt der Darfur-Konflikt zurück, der Bashir einen Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) in Den Haag eintrug. Menschenrechtsorganisationen kritisierten deshalb, dass Bashir von der Übergangsregierung empfangen wurde.
»Wir haben große Erfahrung in der Integration von Aufständischen und ihrer Eingliederung in die Streitkräfte oder die Polizei«, behauptete der General. Sudanesische Offiziere könnten daher den Libyern helfen, die Milizen unter Kontrolle zu bringen. Die SPLA, die den seit Juli vergangenen Jahres unabhängigen Südsudan regiert, ging 1983 aus südsudanesischen Armeeeinheiten hervor, die nach dem ersten Bürgerkrieg »integriert« worden waren. Den Haftbefehl des ICC verdankt Bashir der Unterstützung seines Regimes für arabische Milizen, die Janjawid, die in Darfur zahlreiche Kriegsverbrechen begingen. Bashir scheint zu hoffen, dass er, nun ein Gefolgsmann der konservativen, vom Westen unterstützten Golfmonarchien, seine diplomatische Isolation überwinden kann. Immerhin hat er, wenigstens offiziell, die Unabhängigkeit des Südsudan akzeptiert.
Doch sein Regime versucht weiter, den neuen Staat zu destabilisieren. Im Grenzgebiet operieren Milizen, die von der sudanesischen Luftwaffe unterstützt werden. Nach Angaben der südsudanesischen Regierung starben Anfang Januar fast 40 Menschen bei einer Bombardierung. Bashirs Regime behauptet, Aufständische auf eigenem Territorium bombardiert zu haben. Der Angriff wurde kaum zur Kenntnis genommen, weil zur selben Zeit ein weit verheerenderes Massaker stattfand. Etwa 6 000 Kämpfer der Luo Nuer griffen Pibor an, nach offiziellen Angaben wurden in der südsudanesischen Stadt und ihrer Umgebung mehr als 3 000 Menschen getötet. Die Angreifer stahlen etwa 90 000 Rinder, verschleppten aber auch fast 1 800 Frauen und Kinder, die wahrscheinlich als Sklaven dienen sollen.
Die Miliz der Luo Nuer hat offenbar keine Verbindung zum sudanesischen Regime. Doch auch dieser Konflikt ist letztlich eine Folge von mehr als einem halben Jahrhundert der Ungerechtigkeit, Aggression und Gewalt seit der Unabhängikeit des Sudan, die dem Süden keine Entwicklungschance ließen und archaische Verhältnisse konservierten. Auch die autoritär regierende, aber im Kampf um Pibor hilflose SPLA ist ein Produkt dieser Epoche. Ob sie eine Demokratisierung zulassen wird, ist noch unklar. Bashir aber hat bewiesen, dass er dazu nicht bereit ist. Seinem Repressionsapparat gelang es bislang, alle Proteste zu unterdrücken. Doch vielleicht wird er angesichts des Schicksals Gaddafis eines Tages noch dankbar dafür sein, dass in Den Haag eine Zelle für ihn frei ist.