An der Seite der Mörder

Auf den ersten Blick könnte man meinen, es sei der Eifer der frisch Konvertierten, der Politiker der CDU/CSU und der FDP dazu treibt, die Unterstützung einiger Abgeordneter der Linkspartei für einen Aufruf des Vereins »Freundschaft mit Valjevo« so scharf zu kritisieren. Berechtigt ist die Kritik ja, wenn Mitglieder einer theoretisch der gesellschaftlichen Emanzipation verpflichteten Partei unter »Solidarität mit den Völkern Irans und Syriens« die »Nichteinmischung in die Angelegenheiten anderer Staaten«, also die Akzeptanz der in dem Aufruf mit keinem Wort erwähnten Massaker in Syrien verstehen und die Aufhebung sämtlicher Embargomaßnahmen gegenüber beiden Staaten fordern, also auch die Legalisierung von Waffenlieferungen an die Diktatoren. Dennoch kommen Fragen auf, wenn etwa Markus Löning (FDP), der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, sagt: »Mitglieder der Linksfraktion haben sich an die Seite des Mörders Assad gestellt.« Ist es wirklich so viel besser, an der Seite des Mörders Assad zu sitzen, wie es Außenminister Guido Westerwelle noch im Mai 2010 bei seinem Besuch in Damaskus tat? »Diese Zusammenarbeit und den politischen Dialog – auch zu schwierigen Themen – wollen wir fortsetzen«, sagte Westerwelle damals. »Diese unselige Tradition der Verteidigung von Schießbefehlen muss ein Ende haben«, forderte Hermann Gröhe, Generalsekretär der CDU. Er meinte die Linkspartei, aber vielleicht fühlt sich ja auch sein Fraktionskollege von der CSU, Verkehrsminister Peter Ramsauer, angesprochen. Er suchte Assad im Februar 2011 auf, verpasste also nur knapp den Beginn des Aufstands, der seinen Wunsch, »zum Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern beitragen« zu können, unerfüllt bleiben ließ. Er wusste aber: »Unsere Vorstellungen von Demokratie und Menschenrechten sind nicht einfach eins zu eins auf Länder in anderen Weltregionen übertragbar.«
Handelte es sich um den Eifer von frisch Konvertierten, die jüngst ein Damaskus-Erlebnis hatten, wäre das ein wenig selbstgerecht, aber entschuldbar, wenn die Betreffenden sich nun tatsächlich konsequent für Demokratie und Menschenrechte einsetzen würden. Doch unter den kaum noch zählbaren Vorwürfen gegen Christian Wulff fehlt einer. Dass es die mutmaßlich letzte bedeutende Amtshandlung des Bundespräsidenten war, die Emire von Katar und Kuwait zu hofieren, ist offenbar nicht von Interesse. Auch Guido Westerwelle kann es nicht lassen. Im November vergangenen Jahres besuchte er den turkmenischen Diktator Gurbanguly Berdimuhamedow und trug sein wichtigstes Anliegen vor: »Die deutsche Wirtschaft ist an guten Geschäften mit Turkmenistan interessiert.« Dieses Interesse ist auf jede Weltregion übertragbar. Wenn eine Revolution die Geschäfte stört, ist es jedoch ratsam, die zukünftigen Geschäftspartner nicht zu verärgern. Das muss die Linkspartei noch lernen, wenn sie regierungsfähig werden will.