Proteste gegen einen Stausee in Kolumbien

Land unter für Großprojekte

In Kolumbien sollen in der Provinz Huila 8 000 Hektar fruchtbares Land und die dort lebenden Menschen einem Stausee weichen. Gegen dieses und andere ökologisch und sozial bedenkliche Großprojekte wehren sich immer wieder die Betroffenen.

»Wir wollen nicht vertrieben werden – weder von der Regierung noch von Emgesa«, stand auf den Transparenten, mit denen rund 1 000 Demonstrierende im kolumbianischen Neiva mehrere Tage lang gegen den Bau des Staudamms El Quimbo durch die Straßen zogen. Neiva ist die Hauptstadt des Departements Huila und liegt einige hundert Kilometer südlich von Bogotá. El Qimbo ist der Kern eines Wasserkraftwerks des spanischen Energiekonzerns Emgesa, das 400 Megawatt Strom produzieren soll. Der Staudamm soll rund 8 000 Hektar der Region unter Wasser setzen, an die 500 dort lebende Familien müssen dafür vertrieben werden. Konzessioniert wurde das Megaprojekt noch unter Präsident Álvaro Uribe Vélez, aber auch unter dem derzeitigen Präsidenten Juan Manuel Santos wird von den Plänen sicher nicht abgerückt. »Kolumbiens Regierung setzt auf Großprojekte«, meint der unabhängige Geologe Julio Fierro. Mehrfach hat er zivilgesellschaftliche Organisationen beraten, die sich gegen ökologisch und sozial riskante Projekte gewehrt haben.

Zuletzt hatten sich Proteste gegen ein Goldabbauprojekt im Wasserschutzgebiet Páramo de Santurbán nahe der Stadt Bucaramanga geregt. In Bucaramanga waren Zehntausende auf die Straße gegangen, letztlich erreichten die Proteste die Hauptstadt Bogotá. Davon ist man im abgelegenen Huila noch weit entfernt. Aber die Proteste zeigten, dass der Schutz der natürlichen Ressourcen in Kolumbien langsam zum Thema werde, sagt Fierro.
Das wünschten sich auch die Familien, die von den Umsiedlungen für El Quimbo betroffen sind, meint Elsa Adrila Anfang Januar bei einer Anhörung in Neiva. Adrila gehört zur Vereinigung der Betroffenen des Quimbo-Wasserkraftwerks (Asoquimbo). Die Anhörung machte auf die Lage der Familien aufmerksam. Unterstützung kommt von der Umweltorganisation ACAS, die eine Eingabe beim nationalen Umweltministerium machte, um den Bau des Staudamms zu stoppen. Das ist bereits einmal gelungen.
Mitte Juni des vergangenen Jahres musste der Hauptgeschäftsführer von Emgesa, Lucio Rubio, die Bauarbeiten stoppen lassen, weil die Umweltauflagen verletzt worden waren. Damals hatte es illegalen Aushub gegeben, in der Folge war es zu Erdrutschen gekommen, die den Flusslauf des Rio Magdalena zu verändern drohten. Normalerweise ist das Umweltministerium kaum in der Lage, ausreichende Kontrollen durchzuführen. Das Ministerium verfüge nur über ein paar Dutzend Kontrolleure, die in aller Regel hoffnungslos überfordert seien, meint Fierro. Dass nun bereits zum zweiten Mal in einer öffentlichen Versammlung über das Megaprojekt diskutiert wird, sei somit ein gutes Zeichen. Zudem hat sich mit dem linken Polo Democrático Alternativo die erste Partei auf die Seite der Protestierenden gestellt.

Ein endgültiger Baustopp ist aber noch nicht in Sicht. Emgesa hat eigenen Angaben zufolge schon 7 000 Hektar Land gekauft und versucht, die Bevölkerung vor vollendete Tatsachen zu stellen. Dagegen wehren sich die lokalen Bäuerinnen und Bauern. Sie verweisen auf die große Bedeutung der lokalen Lebensmittelproduktion. Derzeit produzierten acht genossenschaftliche Unternehmen in der Region gemeinsam mit anderen Kleinbäuerinnen und -bauern Lebensmittel im Wert von einigen Millionen Euro im Jahr. Asoquimbo und ACAS verlangen auch den Wiederaufbau der Brücke Paso el Colegio, die bereits während der Dammbauarbeiten zerstört worden war. Sie wehren sich gegen die Zerstörung der kommunalen Infrastruktur.
Die Kolumbianerinnen und Kolumbianer hätten kaum einen Nutzen vom Kraftwerk, da die Energie ohnehin nach Mittelamerika exportiert werde, klagen die lokalen Gemeinderäte. Ob sie sich gegen die Interessen der Investoren und der Regierung durchsetzen können, ist fraglich. Allerdings schien der Protest gegen den Goldbergbau in Páramo de Santurbán anfangs auch nicht Erfolg versprechend.