Diskussionen über Homosexualität sorgen in der evangelische Landeskirche Sachsen für Streit

Gottes Werk und Sachsens Beitrag

Die evangelische Landeskirche in Sachsen streitet über ihren Umgang mit Homo­sexualität.

Mehrmals haben Abgeordnete der schwarz-gelben Landesregierung in Sachsen angekündigt, bei anstehenden Gesetzesnovellierungen eingetragene Lebenspartnerschaften der Ehe gleichzustellen, wie es EU- und Bundesrecht fordern. Vier seither in Sachsen vorgenommene Gesetzesänderungen sprechen dem Hohn. Zuletzt wurde Mitte voriger Woche das Beamtengesetz novelliert, das Lebenspartnerschaften, unter anderem bei der Auszahlung von Beihilfen im Krankheits- und Pflegefall, weiterhin nicht berücksichtigt. Im Unterschied zur Ehe wird die eingetragene Lebens­partnerschaft dort nicht genannt. Laut der sächsischen Initiative »Zwei gleich Zwei« gilt dies für insgesamt 35 Landesgesetze, die sämtliche Lebensbereiche betreffen.

Auch die Evangelische Landeskirche tut sich schwer. Einem Beschluss der Synode der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) zufolge dürfen seit Ende 2010 auch homosexuelle Geistliche mit ihren Partnern im Pfarrhaus zusammenleben. Die Synode der sächsischen Landeskirche soll im April als eines der letzten Mitglieder des größten deutschen Dachverbands der evangelischen Kirchen über die Neuregelung entscheiden.
In Kirchenkreisen regt sich heftiger Widerstand. Markus Pöche von der ökumenischen Arbeitsgruppe »Homosexuelle und Kirche« in Dresden sieht vor allem konservative bis fundamentalis­tische Kräfte am Werk. Gemeint sind bibelorientierte evangelikale Christen, die Homosexualität, Sex vor der Ehe und Schwangerschaftsabbrüche als Sünde werten. Bereits im vorigen Jahr hatte sich der sächsische »Landesverband landeskirchlicher Gemeinschaften«, dem etwa 460 Gemeinden angehören, mit einem offenen Brief an den Landesbischof gewandt und mit Spaltung gedroht. Sollte die Regelung von der Landeskirche übernommen werden, wäre deren Einheit gefährdet. Mitglieder würden aus der Kirche austreten oder »innerlich emigrieren«, denn »gelebte Homosexualität« entspreche nicht dem »Schöpfungswillen Gottes«. Der Chemnitzer Pfarrer Martin Hamel fand in einem Brief an ausgewählte sächsische Gemeinden noch deutlichere Worte. Eine Zulassung homosexueller Partnerschaften sei eine »gottwidrige schwerwiegende Gefährdung«, ihnen drohe laut Bibel »Gottes Zorn«. Gegen eine Lockerung der Regelungen für homosexuelle Pfarrer richtet sich auch die »Markers­bacher Erklärung«, unterzeichnet wurde sie bisher von 138 Kirchenvorständen aus 776 Gemeinden der Landeskirche, etwa 30 Kirchengruppen und mehr als 400 Einzelpersonen. Die Unterzeichner sprechen sich dafür aus, an der bisherigen Praxis festzuhalten, nach der »eine homosexuelle Beziehung nicht im Pfarrhaus gelebt« und nicht propagiert werden sollte.

Für die Neuregelung sprachen sich indes über 200 Pfarrer und Mitarbeiter aus dem Kirchenbezirk Leipziger Land aus. In einer Erklärung fordern sie die Zulassung homosexueller Partnerschaften in Pfarrhäusern und die Segnung homosexueller Paare. Jene, die davon ausgehen, die Bibel verbiete Homosexualität, warnt der Brief vor einer »sektiererischen« Auslegung. In der Vergangenheit habe die evangelische Kirche die Ausgrenzungen und Stigmatisierungen von Homosexuellen »befördert«. Bemerkenswert an dieser Erklärung ist die deutliche Distanzierung von fundamentalistischen Grundsätzen, die bundesweit vor allem durch den Zulauf der evangelikalen Bewegung auch in den Landeskirchen an Bedeutung gewinnen. Der evangelikale Dachverband »Deutsche Evangelische Allianz« geht von etwa 1,3 Millionen »bekennenden Christen« in Deutschland aus, Schätzungen zufolge fühlt sich etwa die Hälfte von ihnen Gemeinden der Landeskirchen zugehörig.
Der Entschluss, den die sächsische Kirchen­leitung am Wochenende getroffen hat, könnte salomonischer nicht sein. Er betont das »Leitbild des Zusammenlebens von Mann und Frau« und hält am Beschluss von 2001 fest, der das Zusammenleben von gleichgeschlechtlichen Paaren nicht erlaubt. Karl-Heinz Maischner, Leiter der Evangelischen Erwachsenbildung, zeigt sich mit dieser Regelung zufrieden, sie öffne den Betroffenen eine Tür, trotz des Zugeständnisses an die konservative Klientel der Kirche. Endgültig entscheidet die Synode im April. Christian Richter von »Zwei gleich Zwei« ist dagegen enttäuscht. Der Beschluss enthalte eindeutige Konzessionen an diejenigen in der Evangelischen Landeskirche Sachsen, die »homophobe und diskriminierende Positionen« vertreten. Er beklagt zudem, dass auf der Klausurtagung zum Umgang mit Homosexualität nicht über eine verlässliche Grundlage für die Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren gesprochen wurde.