Hizbollah international

Terrorgrüße aus Teheran

Mehrere geplante Terroranschläge in Südamerika und Asien, hinter denen das iranische Regime und die mit ihm verbündete Hizbollah steckten, konnten in letzter Zeit vereitelt werden. Die vom Iran ausgehende Bedrohung wächst offenbar mit der Isolation des Regimes.

Eine »gut ausgebildete Person« sei für den Anschlag auf israelische Diplomaten verantwortlich, sagte der indische Innenminister Palaniappan Chidambaram. Ein Motorradfahrer hatte am Montag in New Delhi eine Bombe an einem Auto befestigt, vier Menschen wurden bei der Explosion verletzt. Am gleichen Tag konnte ein Anschlag auf israelische Diplomaten in Georgien vereitelt werden. Der israelischen Premierminister Benjamin Netanyahu machte den Iran und die Hizbollah für die Anschläge verantwortlich und wies darauf hin, dass in jüngster Zeit ähnliche Operationen in anderen Ländern versucht worden seien.
Das iranische Regime weist die Anschuldigungen zurück. Am vergangenen Sonntag bestellte das Außenministerium den Botschafter Aserbaidschans in Teheran zu sich. Wie die staatliche iranische Nachrichtenagentur Irna meldete, sollte der Diplomat der aserbaidschanischen Regierung die Forderung übermitteln, »antiiranische Operationen von Spionageringen des Mossad« in der Kaukasusrepublik zu »beenden«. Außerdem beschwerte sich das iranische Außenministerium in einer Protestnote über »unangemessenes Verhalten aserbaidschanischer Offizieller gegenüber Vertretern iranischer Institutionen in Aserbaidschan« und »systematische antiiranische Propaganda in aserbaidschanischen Medien«.
Einen Monat zuvor war ein Anschlag vereitelt worden. Wie israelische Medien berichteten, nahmen Mitte Januar Sicherheitskräfte in der Hauptstadt Baku drei Männer fest, die dort in einer gemeinsamen Terroroperation der Hizbollah und des iranischen Geheimdienstes Angriffe auf den israelischen Botschafter und zwei Rabbiner der orthodoxen jüdischen Chabad-Bewegung geplant haben sollen.

Es war nicht die einzige vereitelte Terroroperation der Islamischen Republik und ihrer libanesischen Verbündeten. Ende Januar nahm eine Spezialeinheit in dem argentinischen Ferienort San Carlos de Bariloche drei mutmaßliche Mitglieder einer Terrorzelle fest. In dem Touristengebiet sind auch viele Israelis unterwegs. Die argentinischen Sicherheitskräfte waren offenbar nach Hinweisen israelischer und US-amerikanischer Geheimdienste tätig geworden.
Wenige Tage vor dem vereitelten Anschlag in Aserbaidschan war durch eine Kooperation thailändischer und israelischer Sicherheitsbehörden ein Angriff auf das Chabad-Zentrum in Bangkok verhindert worden (Jungle World 05/12). Offenbar sollten in der thailändischen Hauptstadt Geiseln genommen werden, ein Gebäude von Chabad sollte in die Luft gesprengt werden. Mindestens ein Verdächtiger libanesischer Herkunft wurde am 13. Januar festgenommen, nach zwei weiteren wird noch gefahndet.
In israelischen Medien wurde spekuliert, dass sich das iranische Regime und die Hizbollah für den Tod von Imad Mughniyya rächen wollten. Der hochrangige Funktionär der Hizbollah kam im Februar 2008 bei einem Autobombenanschlag in Damaskus ums Leben. Die Hizbollah und der Iran machten Israel dafür verantwortlich. Mughniyya war dringend verdächtig, an den Anschlägen auf die israelische Botschaft in Buenos Aires 1992 und auf ein dortiges jüdisches Gemeindezentrum 1994 beteiligt gewesen zu sein, bei denen insgesamt 114 Menschen getötet wurden. Er wurde deswegen mit internationalem Haftbefehl gesucht. Als sicher gilt, dass die Hizbollah und das iranische Regime hinter den Attentaten in den neunziger Jahren steckten.

Nach Einschätzung von Matthew Levitt, Senior Fellow am Washington Institute for Near East Policy, haben das iranische Regime und die Hizbollah spätestens seit dem Tod Mughniyyas ihre zuvor selbstauferlegte Zurückhaltung bei Terroroperationen im Ausland aufgegeben. Hassan Nasrallah, der Generalsekretär der Hizbollah, sagte damals: »Wir bestimmen die Zeit, den Ort sowie Art, Mittel und Methode der Bestrafung«.
Auch in anderen lateinamerikanischen Ländern wie Chile, Peru, Uruguay und Mexiko werden Terroraktivitäten der Hizbollah befürchtet. Bereits im Sommer 2011 zitierte die Jerusalem Post den früheren Generalstabschef der peruanischen Armee, Francisco Contreras, mit den Worten: »Wir müssen über die wachsende Präsenz des Iran in Südamerika definitiv besorgt sein.« Insbesondere die Beteiligung der Hizbollah am Drogen- und Waffenschmuggel und der Geldwäsche im Dreiländereck zwischen Argentinien, Brasilien und Paraguay und die immer enger werdenden Beziehungen zwischen dem Iran und Venezuela böten Anlass zur Beunruhigung. Allerdings werden in Israel auch südosteuropäische Staaten wie Bulgarien, Griechenland und die Türkei als mögliche Schauplätze für gemeinsame Anschläge des iranischen Regimes und der Hizbollah genannt. Am 31. Januar warnte auch der nationale Geheimdienstdirektor der USA, James Clapper, einige iranische Entscheidungsträger – »wahrscheinlich einschließlich des Obersten Führers Ali Khamenei« – seien nun stärker geneigt, »einen Anschlag in den Vereinigten Staaten auszuführen«.
Der israelische Generalstabschef Benny Gantz sagte nach den Festnahmen in Aserbaidschan: »In einer Zeit, da unsere Feinde im Norden aus Angst vor harschen Reaktionen unsererseits von Aktionen absehen, sind wir Zeugen von Versuchen der Hizbollah und anderer feindlicher Elemente, Angriffe fernab des israelischen Territoriums zu verüben.« Gantz warnte potentielle Terroristen davor, die »israelische Entschlossenheit einem Test zu unterziehen«.

Tatsächlich dürfte der Grund für die sich häufenden Anschlagsversuche nicht so sehr der Tod Mughniyyas sein. Vielmehr nimmt offenbar die Wut über die gezielten Tötungen von Schlüsselpersonen für die Entwicklung des iranischen Atomprogramms zu. Schon vor fünf Jahren kam Ardeshir Hosseinpour, ein Spezialist für Urananreicherung, unter ungeklärten Umständen ums Leben. Seit Januar 2010 gab es immer mehr solcher Todesfälle unter mutmaßlichen hochrangigen Mitarbeitern des iranischen Atomprogramms. Zuletzt wurde am 11. Januar Mostafa Ahmadi Roshan, ein leitender Mitarbeiter der Urananreicherungsanlage in Natanz, bei einem Bombenanschlag getötet. In allen Fällen – wie auch bei Sabotageaktionen, etwa durch den Computervirus Stuxnet – beschuldigte der Iran den Mossad und die CIA der Urheberschaft.
Die israelische Regierung hat diese Anschuldigungen nie offiziell kommentiert. Doch auch ­israelische Geheimdienstexperten wie Yossi Melman und Ronen Bergman gehen davon aus, dass die israelische Regierung längst mit Geheimoperationen begonnen hat, um den Bau iranischer Atombomben zumindest zu verzögern.
Vor zwei Wochen sagte Ali Khamenei in einer Predigt: »Von nun an befürworten wir es und helfen, wenn an irgendeinem Ort irgendein Volk oder irgendeine Gruppe dem zionistischen Regime entgegentritt.« Im Wahrheit hat das islamistische Regime schon immer terroristische und militärische Aktionen gegen Israel und Jüdinnen und Juden weltweit befürwortet hat. Doch die jüngste Ansprache dürfte eine Aufforderung sein, tatsächlich weltweit gegen alles Jüdische loszuschlagen. Angesichts der schärferen Sanktionen und der wachsenden Isolation des Landes nehme die vom Iran ausgehende Bedrohung zu, urteilt der Politikwissenschaftler Levitt: »Wir sind an einem Punkt, an dem der Iran sich in die Ecke gedrängt fühlt, weil wir endlich Dinge tun, die Auswirkungen auf sein Atomprogramm haben – deshalb steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der Iran wild um sich schlägt.«