»Kein Schönwetterthema«

Anlässlich des V-Day, des internationalen Aktionstags gegen Gewalt gegen Frauen, führten am Dienstag neun weibliche Abgeordnete das Theaterstück »Die Vagina-Monologe« im Europa-Parlament in Brüssel auf. Die Grünen-Abgeordnete und Darstellerin Franziska Brantner hat vor der Aufführung mit der Jungle World gesprochen.

In wenigen Stunden treten Sie in den »Vagina-Monologen« auf. Haben Sie Lampenfieber?
Ich bin aufgeregter als vor einer Rede. Als Abgeordnete stehen wir ja häufig auf einer Bühne. Aber Texte zu lernen, die Mimik einzustudieren, das ist etwas anderes. In der Generalprobe kam schon das Gefühl auf: Puh, hoffentlich klappt alles.
Mit wie vielen Zuschauern rechnen Sie?
Es gibt 500 angemeldete Zuschauer.
Da ist das Lampenfieber berechtigt.
Auf jeden Fall. Und von den 500 sind 300 Externe, die nicht zum Parlament gehören. Das öffentliche Interesse freut mich. Und was besonders großartig ist: Eve Ensler, die Verfasserin des Stückes, wird nach der Aufführung sprechen. Sie ist eine beeindruckende Kämpferin für Frauenrechte.
War es schwer, Abgeordnete als Darstellerinnen zu gewinnen?
Man kennt die Frauen in allen Fraktionen, die sich für Frauenrechte einsetzen. So wusste man schon, wen man zuerst ansprechen konnte. Es sind also keine Überraschungsgäste dabei.
Der CDU-Europa-Abgeordnete Werner Langen hat sich in der Bild-Zeitung über die Aufführung empört. Ist Geschlechterpolitik sein Arbeitsbereich?
Werner Langen war bis Januar der Delegationsleiter der CDU im Europa-Parlament. Er war durchaus bedeutend, hat aber nichts mit Frauenrechten zu tun.
Er wollte sich dafür einsetzen, dass die Aufführung abgesetzt wird. Offenbar ist er erfolglos geblieben.
Der Parlamentspräsident Martin Schulz hat das eher mit einem Schulterzucken abgetan. Herr Langen hatte auch in seiner eigenen Fraktion keine große Unterstützung. Aber es ist ihm gelungen, Zweifel daran zu wecken, ob ein Theaterstück im EU-Parlament aufgeführt werden soll, in dem offen über Prostitution, Sexualität, Gewalt gegen Frauen und Vergewaltigung gesprochen wird. Eine andere, bedenkliche Reaktion war: Schön und gut, aber wir haben doch gerade größere Sorgen. Unsere Antwort war: Gewalt gegen Frauen ist kein Schönwetterthema und gerade in Krisenzeiten, bei steigender Perspektivlosigkeit und steigender Arbeitslosigkeit, nimmt Gewalt gegen Frauen statistisch gesehen zu.