Die Kürzungen der Solarförderung

Sonne, Strom und Konzerne

Die Bundesregierung kürzt die Solarförderung um bis zu 30 Prozent. Davon profitieren die großen Energiekonzerne, denn die Photovoltaikbranche macht ihnen Konkurrenz.

Wer es mit der »Energiewende« unter den Bedingungen des Klimawandels und des anbrechenden Zeitalters des knappen Öls nach dem globalen Fördermaximum ernst meint, der hat zum umfassenden Ausbau erneuerbarer Energien gepaart mit Energieeinsparungen keine Alternative. Die »Energiewende« der schwarz-gelben Bundesregierung weist allerdings in eine andere Richtung. Denn diese sorgt sich vor allem um die Profite der deutschen Energiekonzerne.
Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) und Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) haben sich über die Details der Regelungen geeinigt, mit denen das Wachstum der Photovoltaikbranche behindert wird. Konzerne wie Eon oder RWE brauchen schließlich bessere Investitionsbedingungen für fossile Großkraftwerke.
Auf das von der rot-grünen Bundesregierung beschlossene und am 1. April 2000 in Kraft getretene Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), welches die Einspeisung von Strom aus regenerativen Energien und die Vergütung des Stroms regelt, sind die Konzerne schon seit dessen Bestehen nicht gut zu sprechen. Das EEG führte insbesondere im Bereich der Photovoltaik, der direkten Umwandlung von Sonnenlicht in Strom mit Solarzellen, zu einem Boom. Allein im vergangenen Jahr wurden in Deutschland Anlagen mit einer Leistung von 7 500 Megawatt installiert, mehr als je zuvor. Die gesamte Erzeugungskapazität der Photovoltaik in Deutschland ist auf 25 000 Megawatt gestiegen. Mit dem Solarstrom aus diesen Anlagen können an sonnigen Tagen rechnerisch 15 bis 20 Großkraftwerke ersetzt werden.

Gleichzeitig mit dem Ausbau sanken durch den technischen Fortschritt, aber auch durch die erhöhte Konkurrenz der Produzenten von Solaranlagen, deren Kosten bereits im vergangenen Jahr um etwa ein Drittel. Der gesamte Markt ist von erheblichen Überkapazitäten gekennzeichnet. Selbst in China machen die Hersteller von Solarzellen dem Handelsblatt zufolge nur Verluste. Die Mehrkosten zur Finanzierung der erhöhten Vergütungen für Solarstrom werden auf die Stromverbraucher umgelegt, allerdings gibt es für die Industrie immer mehr großzügige Ausnahmen.
Eine Studie des Berliner Beratungsunternehmens Arepo Consult im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung beziffert die Energiesubventionen für die energieintensive Industrie in Deutschland in diesem Jahr auf fast 10 Milliarden Euro. Damit steigen diese Subventionen gegenüber 2011 um mehr als 1,5 Milliarden Euro. Die Studie mit dem Titel »Befreiung der energieintensiven Industrie in Deutschland von Energieabgaben« untersucht die Kosten der zahlreichen gesetzlichen Sonderregelungen für die Industrie in Deutschland. Allein über die EEG-Umlage finanzieren die privaten Haushalte mit 2,9 Milliarden Euro im Jahr den Umbau der Energiewirtschaft. Würde diese Fördersumme auf alle Stromverbraucher umgelegt, sänke die EEG-Umlage der privaten Haushalte sofort von 3,5 auf 3 Cent pro Kilowattstunde. Stattdessen steigt die Zahl der ganz oder zumindest teilweise von der Ökostrom­umlage befreiten Unternehmen weiter. Die letzte Novellierung des EEG hat ihre Zahl sogar verdreifacht. Wäre die Bundesregierung, wie sie selbst behauptet, an einer Senkung der Höhe der EEG-Umlage interessiert, dann müsste sie die Industrie wieder in die Finanzierung der »Energiewende»einbeziehen.

Nach den von Rösler und Röttgen ausgearbeiteten Plänen sollen stattdessen die Fördersätze für Photovoltaik bereits ab dem 9. März sinken. Liegen die Vergütungen derzeit bei 17,94 bis 24,43 Cent pro Kilowattstunde Strom, so sollen diese Sätze auf 13,5 bis 19,5 Cent pro Kilowattstunde herabgesetzt werden. Zusätzlich soll auch nicht mehr die gesamte erzeugte Menge vergütet werden, sondern nur 90 Prozent des produzierten Solarstroms bei größeren Anlagen und sogar nur 85 Prozent bei Kleinanlagen. Der Rest muss entweder selbst verbraucht oder eigenständig vermarktet werden. Zudem sollen die Vergütungen ab Mai monatlich um weitere 0,15 Cent sinken. Darüber hinaus will sich das Umweltministerium mit der Novelle ermächtigen lassen, die EEG-Fördersätze im Einvernehmen mit dem Wirtschaftsministerium per Verordnung festzulegen. Offenbar will sich die Regierung eine lästige Debatte im Bundestag und die Auseinandersetzungen in der Öffentlichkeit ersparen, wenn sie die Förderung der erneuerbaren Energien weiter systematisch streicht.
Deutliche Kritik übte der Vorstandsvorsitzende des größten deutschen Solarkonzerns Solarworld, Frank Asbeck, im Handelsblatt: »Wir werden in den kommenden Monaten eine Pleitewelle sehen, die deutsche, aber auch ausländische Firmen trifft.« Er verweist auch auf einen möglichen Hintergedanken: »Die Energiewende ist eine Worthülse, wenn der Bund die Solarindustrie kaputtmacht. Gerade das starke Wachstum beim Solarstrom zeigt, dass es mit der Wende funktioniert. Mit den nun verkündeten Plänen soll wohl gezeigt werden, dass sie unmöglich ist.«
Derzeit ist allerdings noch nicht abzusehen, welche Änderungen am Gesetzentwurf der Bundesregierung im Bundestag vorgenommen werden. So hat der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Stefan Kapferer (FDP), auf einer Tagung eingeräumt: »Wir rechnen damit, dass es im Bundestag noch zu Änderungen bei der Stichtagsregelung zum 9. März und bei der Verordnungsregelung kommt.«

Durch die Kürzung der Fördersätze für Photovoltaik schafft die Bundesregierung den großen Energiekonzernen Eon, RWE, EnBW und Vattenfall ungeliebte Konkurrenz vom Hals. Ihre Gewinne werden schließlich durch die Einspeisung von Solar- und Windstrom geschmälert. Mit 20 Prozent haben erneuerbare Energien zurzeit bereits einen beachtlichen Anteil an der Stromerzeugung. Für die Geschäfte der Stromkonzerne ist Solarstrom besonders störend, weil davon zu den Tageszeiten mit hoher Nachfrage – am späten Vormittag bzw. mittags – wegen der Sonneneinstrahlung in der Regel besonders viel eingespeist wird. Selbst im Winter kann der Solarstrom häufig die mittäglichen Nachfragespitzen bedienen. Einem Bericht des Manager-Magazins zufolge hat sich der Preis pro Megawatt Spitzenlaststrom im vergangenen Sommer durch Solarstrom durchschnittlich um 3 Euro verbilligt, was etwa einer Senkung um 5 Prozent entspricht. Dadurch mindern sich die Gewinne der Stromkonzerne, sie erzielen geringere Erlöse für ihren Strom, weil sich der Börsenpreis für Strom an der teuersten Megawattstunde bemisst und sie immer häufiger ihre eigenen Kraftwerke runterfahren müssen. Die Rentabilität von Großkraftwerken steht daher in Frage.
»Der Strom aus erneuerbaren Quellen ist für die großen Kraftwerksbetreiber ein absoluter Störfaktor«, zitiert das Manager-Magazin den Analysten Pascal Göttmann von der Münchener Bank Merck Finck. Vor allem der Einsatz von Gaskraftwerken sei dadurch unrentabel geworden. Allerdings wären ohne die Kürzung der Solarförderung auch die Milliardeninvestitionen in neue Kohlekraftwerke gefährdet. »Für neue Großkraftwerke bedeutet der rasante Zubau der erneuerbaren Energien ein kalkulatorisches Risiko«, sagt Göttmann.
Der Kampf um den Strommarkt verschärft sich. Entweder werden die Stromkonzerne entmachtet, um den schnellen Durchbruch zur dezentralen Energieversorgung auf der Basis erneuerbarer Energien zu ermöglichen, oder die »Energiewende« findet vorerst nicht statt.